Wie stellt der Arbeitgeber die Gesundheit und Sicherheit seiner Mitarbeiter sicher? Eine Maßnahme ist die Durchführung regelmäßiger Sicherheitsunterweisungen. Alles rund um die Rechtsgrundlagen, die Durchführung und digitale Lösungen, klären wir im Beitrag.
Inhaltsverzeichnis:
- Was versteht man unter einer Arbeitsschutzunterweisung?
- Rechtliche Grundlagen: Warum gibt es Unterweisungen für den Arbeitsschutz?
- Wie oft muss man Unterweisungen durchführen?
- Wer muss unterwiesen werden?
- Wer ist für die Unterweisung verantwortlich und wer führt sie durch?
- Dokumentationspflicht von Unterweisungen
Was ist eine Arbeitsschutzunterweisung?
Für jedes Unternehmen sind Sicherheitsunterweisungen für Arbeits- und Gesundheitsschutz relevant. Gesetzliche Grundlage hierfür ist insbesondere Paragraf 12 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG). Bei einer Arbeitsschutzunterweisung wird Mitarbeitern erklärt, wie sie sich bei ihrer täglichen Arbeit gesundheitsbewusst und sicherheitsgerecht verhalten. Außerdem sollen die Mitarbeiter lernen, sich selbst vor möglichen Gefährdungen zu schützen.
Digitale Lösungen erleichtern die Durchführung von Unterweisungen. Flexibel und lückenlos können so die Mitarbeiter regelmäßig unterweisen werden.
Rechtliche Grundlagen: Warum gibt es Unterweisungen für den Arbeitsschutz?
Führt der Arbeitgeber eine Unterweisung im Unternehmen durch, ist dies kein „belehren“ oder „zurechtweisen“ der Mitarbeiter. Vielmehr erfüllt der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern. Er ist nämlich zur Durchführung von Sicherheitsunterweisungengesetzlich verpflichtet. Das ergibt sich insbesondere aus dem staatlichen Arbeitsschutzrecht (ArbSchG) als auch aus den berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften (UVV).
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) enthält allgemeine Regelungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von Beschäftigten. Die Unterweisungspflicht im Rahmen des Arbeitsschutzes ergibt sich aus Paragraf 12, Absatz 1 des ArbSchG:
„(1) Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen.“ Dabei ist entscheidend, dass die jeweilige Unterweisung „eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet ist“.
Ergänzt wird Paragraf 12 ArbSchG durch den Paragrafen 15 Abs. 1 ArbSchG. Dieser befasst sich mit den Pflichten der Beschäftigten. Nicht nur der Arbeitgeber ist zur Durchführung der Unterweisung verpflichtet, auch die Arbeitnehmer sind zur Einhaltung und bestimmungsgemäßen Nutzung der Arbeitsmittel verpflichtet.
(1) Die Beschäftigten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen. Entsprechend Satz 1 haben die Beschäftigten auch für die Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind.
Die Unfallverhütungsvorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
Die Unfallverhütungsvorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) regeln die Pflichten eines jeden Unternehmens sowie Versicherten bezogen auf die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.
Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) ist eine weitere wichtige Vorschrift für Unterweisungen im Unternehmen. Diese enthält zusätzliche Regelungen zur Sicherheit und dem Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln. Bezogen auf Unterweisungen sind vor allem die Paragrafen 9 und 12 BetrSichV relevant. Absatz 1 des Paragrafen 12 beinhaltet die Vorschrift, dass Mitarbeiter vor erstmaliger Verwendung eines Arbeitsmittels angemessen über jenes informiert werden müssen.
(1) Bevor Beschäftigte Arbeitsmittel erstmalig verwenden, hat der Arbeitgeber ihnen ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen über
- vorhandene Gefährdungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln einschließlich damit verbundener Gefährdungen durch die Arbeitsumgebung,
- erforderliche Schutzmaßnahmen und Verhaltensregelungen und
- Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfällen und zur Ersten Hilfe bei Notfällen.
Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten vor Aufnahme der Verwendung von Arbeitsmitteln tätigkeitsbezogen anhand der Informationen nach Satz 1 zu unterweisen. Danach hat er in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch einmal jährlich, weitere Unterweisungen durchzuführen. Das Datum einer jeden Unterweisung und die Namen der Unterwiesenen hat er schriftlich festzuhalten. (§ 12 Abs. 1 BetrSichV)
Ebenso relevant für die Durchführung von Unterweisungen zum Thema Arbeitsschutz sind:
- Betriebsverfassungsgesetz: Paragaf 81 Abs. 1 und Paragraf 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVerG (Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, wenn vorhanden)
- Gefahrstoffverordnung: Paragraf 14 GefStoffV
- Biostoffverordnung: Paragarf 12 BioStoffV
- Jugendarbeitsschutzgesetz: Paragraf 29 JArbSchG
- Mutterschutzgesetz: Paragraf 14 MuschG
Wie oft muss man Unterweisungen durchführen?
Das Arbeitsschutzgesetz besagt, dass Unterweisungen in regelmäßigen Abständen wiederholt werden müssen (Paragraf 12 ArbSchG). Entscheidend dabei ist vor allem die Erstunterweisung. Sie legt den Grundstein für alle weiteren Unterweisungen und informiert die Beschäftigten über die Grundregeln im Arbeitsschutz. Sie wird bspw. erstmalig bei Neueinstellung eines Mitarbeiters oder beim Wechsel des Aufgabengebiets durchgeführt.
Was genau mit „regelmäßig“ gemeint ist und ob es Fristen für eine Wiederholungsunterweisung gibt, beantwortet das Arbeitsschutzgesetz jedoch nicht. Generell richten sich die Zeitabstände für die regelmäßige Unterweisung nach den betrieblichen Gegebenheiten und der Gefährdungsbeurteilung. Die zeitlichen Abstände zwischen den Unterweisungen muss das Unternehmen eigenverantwortlich umsetzen.
Es gibt jedoch einige Sondervorschriften im Rahmen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütungsvorschriften (UVV), die genauer auf die Wiederholungen der Unterweisungen eingehen:
Eine halbjährliche Unterweisung ist sinnvoll und manchmal sogar erforderlich. Was zutreffend ist, unterliegt speziellen Regelungen und muss im einzelnen bewertet werden.
Eine jährliche Unterweisung hingegen ist erforderlich, nach
- Paragraf 4 DGUV Vorschrift 1: „Der Unternehmer hat die Versicherten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit, insbesondere über die mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen und die Maßnahmen zu ihrer Verhütung, entsprechend §12 Absatz 1 Arbeitsschutzgesetz sowie bei einer Arbeitnehmerüberlassung entsprechend §12 Absatz 2 Arbeitsschutzgesetz zu unterweisen; die Unterweisung muss erforderlichenfalls wiederholt werden, mindestens aber einmal jährlich erfolgen; sie muss dokumentiert werden.“
Wer muss unterwiesen werden?
Grundsätzlich sind Unterweisungen für alle Mitarbeiter relevant, die einer möglichen Gefährdung oder einem Sicherheitsrisiko ausgesetzt sind. Im Fall der Arbeitsschutzunterweisung wird mithilfe der Gefährdungsbeurteilung festgelegt, in welchen Bereichen eine Unterweisung durchgeführt werden muss. Je nach Tätigkeit des Mitarbeiters kann es durch Überschneidung von verschiedenen Arbeitsbereichen oder unterschiedlichen Gefährdungen vorkommen, dass nicht nur eine, sondern gleich mehrere Unterweisungen durchgeführt werden müssen.
Neben der Verpflichtung zur Unterweisung werden in Paragraf 12, Absatz 1 ArbSchG auch Anlässe aufgeführt, zu denen eine Unterweisung mindestens stattfinden muss. Dazu gehören:
- Einstellung neuer Mitarbeiter
- Wechsel der Mitarbeiter in einen neuen Bereich
- ein veränderten Arbeitsaufgaben
- Inbetriebnahme neuer Arbeitsmittel oder neuer Technologien, z. B. Maschinen und Geräte
In diesen Fällen wird die Unterweisung erstmals durchgeführt (Erstunterweisung).
Neben der Erstunterweisung sind jedoch auch Folgeunterweisungen und anlassbezogene Unterweisungen erforderlich.
Die Folgeunterweisung oder Wiederholungsunterweisung findet bei Routineaufgaben mindestens einmal jährlich statt. Bei Tätigkeiten mit besonderer Gefährdung kann diese auch häufiger durchgeführt werden. Die Unterweisung aus besonderem Grund oder Anlass erfolgt nach einem Unfall oder Beinahe-Unfall, bei auffälligen, sicherheitswidrigen Verhaltensweisen und bei besonderen Gefährdungen.
Weitere Anlässe zur Durchführung einer Unterweisung sind:
- neuen Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung
- Änderungen rechtlicher Rahmenbedingungen
- Arbeiten mit hohem Gefährdungspotential
- selten vorkommenden Arbeiten
- gezielten Rückfragen der Mitarbeiter
- beobachtbarem Fehlverhalten der Mitarbeiter
- vorangegangenen Unfällen oder Beinaheunfällen
- arbeitsbedingten Erkrankungen
Wer ist für die Unterweisung verantwortlich und wer führt sie durch?
Verantwortlich für Unterweisungen im Arbeitsschutz ist der Arbeitgeber. Das ist in Paragraf 13 Absatz 1 des Arbeitsschutzgesetzes definiert:
„(1) Verantwortlich für die Erfüllung der sich aus diesem Abschnitt ergebenden Pflichten sind neben dem Arbeitgeber
- sein gesetzlicher Vertreter,
- das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person,
- der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft,
- Personen, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragt sind, im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse,
- sonstige nach Absatz 2 oder nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder nach einer Unfallverhütungsvorschrift verpflichtete Personen im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse.“
Im Rahmen der Delegation kann die Unternehmensführung die Unterweisungspflicht jedoch an eine Führungskraft oder andere geeignete Personen im Unternehmen übertragen (Paragraf 13 Abs. 2 ArbSchG, und Paragraf 13 der DGUV-Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"). Wichtig dabei ist:
- Diese Person muss über besondere Fachkenntnisse verfügen, die der Arbeitgeber im Vorfeld bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung rechtlicher Vorschriften als Anforderungen festlegt.
- Unterstützung kann sich der Arbeitgeber für die Anforderungsbestimmungen auch bei seiner Fachkraft für Arbeitssicherheit und einem Betriebsarzt einholen (Paragraf 1 AsiG). Wichtig ist jedoch, dass es bei den Personengruppen bei einer beratenden Rolle bleibt.
- Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit sollten die Unterweisungen nicht selbst durchführen. Ihnen fehlen die disziplinarische Vollmacht und das Weisungsrecht.
Wie bspw. die Pflichtenübertragung an den Fuhrparkverantwortlichen funktioniert und worauf beide Parteien achten müssen, hat unser Gastautor Rechtsanwalt Lutz D. Fischer für Sie im Beitrag „Delegation im Fuhrpark“ zusammengefasst.
Durchgeführt werden kann eine Sicherheitsunterweisung für den Arbeitsschutz also folglich von jeder Person im Unternehmen, sofern die Unternehmensleitung diese als fachkundig und zuverlässig einstuft. Der Mitarbeiter benötigt keine spezielle Ausbildung für die Durchführung der Unterweisung. Es ist jedoch empfehlenswert, die Bildungsangebote der DGUV und seiner berufsgenossenschaftlichen Trägern zu nutzen (siehe BGW-Lernportal). Für spezifische Verantwortungsbereiche können Vorgesetzte wie Abteilungsleiter, Meister, Schicht- oder Teamleitung die Unterweisung durchführen.
Arbeitsschutzunterweisungen können darüber hinaus auch von fachkundigen, externen Referenten oder mit Hilfe von Dienstleistern für elektronische Unterweisungen umgesetzt werden. Bei digitalen Lösungen ist insbesondere auf die Möglichkeit der Verständnisprüfung zu achten. Aber auch bei Unterweisungen in Präsenz sollte darauf geachtet werden, das alle Mitarbeiter die Unterweisungsinhalte auch verstanden haben.
In unseren Beiträgen zur Planung und Durchführung von Unterweisungen geben wir wichtige Tipps und vergleichen Präsenz-Unterweisungen mit digitalen Unterweisungen (z. B. via E-Learning Systeme). Welche Vorteile eine E-Learning Lösung zur Fahrerunterweisung hat, haben wir Ihnen in unseren 11 Gründe, warum Sie bei Unterweisungen auf E-Learning setzen sollten zusammengestellt.
Dokumentationspflicht für Unterweisungen
Neben der regelmäßigen Durchführung von Arbeitsschutzunterweisungen ist auch die korrekte und vollstände Dokumentation der Unterweisungen Pflicht. Diese ergibt sich aus DGUV Vorschrift 1 Paragraf 4 Nr. 1. Das Unternehmen muss jederzeit einen Nachweis erbringen können, dass es seiner Unterweisungspflicht nachgekommen ist. Dieser Nachweis muss folgende Angaben enthalten:
- zur Unterweisung (Datum, Inhalte etc.)
- sowie zu den Teilnehmenden
- und dem Unterweisenden enthalten.
- Beide Parteien müssen das Dokument unterschreiben. Die Dokumentation kann aber auch elektronisch erfolgen, wenn die notwendigen Angaben hinterlegt werden.
So kann die Dokumentation lückenlos und rechtssicher geschehen.