Führerscheinentzug, Fahrverbot oder Führerscheinverlust – was bedeutet das für Arbeitgeber und Fuhrparkmanagement? Wir klären die Begriffe, zeigen welche Konsequenzen auf Unternehmen zukommen und worauf Sie achten müssen.
Inhaltsverzeichnis:
- Führerscheinentzug (Entzug der Fahrerlaubnis)
- Was führt zum Entzug der Fahrerlaubnis?
- Wie kann die Fahrerlaubnis wiedererlangt werden?
- Der grenzüberschreitende Führerscheinentzug
- Fahrverbot - die zweithärteste Maßnahme im Verkehrsrecht
- Was führt zum Fahrverbot?
- Kann ein Fahrverbot umgangen werden?
- Existenzgefährdung: Möglicher Verzicht auf Fahrverbot
- Was tun bei Führerscheinverlust?
- So beugen Unternehmen vor: Führerscheinkontrolle & Vertragsgestaltung
- Konsequenzen für Arbeitgeber und Fuhrparkmanagement
- Fazit
Auf einen Blick: Was ist der Unterschied zwischen dem Entzug der Fahrerlaubnis und einem Fahrverbot?
- Beim Führerscheinentzug verliert der Fahrer dauerhaft die Fahrerlaubnis. Der Betroffene darf kein Fahrzeug mehr führen und muss die Fahrerlaubnis ganz neu beantragen (ggf. mit Sperrfrist und MPU).
- Beim Fahrverbot handelt es sich um ein vorübergehendes Fahrverbot von einem bis zu sechs Monaten. Die Erlaubnis bleibt bestehen, ihre Nutzung ist jedoch temporär ausgesetzt.
- Der Führerscheinverlust ist dagegen meist rein formal – etwa bei Diebstahl oder Verlust des Dokuments – und muss lediglich durch einen Ersatzführerschein korrigiert werden.
Führerscheinentzug (Entzug der Fahrerlaubnis)
Wird jemandem die Fahrerlaubnis entzogen, erlischt die Erlaubnis, ein Fahrzeug in Deutschland zu führen.
Das heißt: Die Fahrerlaubnis für alle Klassen, für die man bis zum Entzug der Fahrerlaubnis zugelassen war, besteht nicht länger.
Der Entzug der Fahrerlaubnis erfolgt durch die Fahrerlaubnisbehörde, Kraftfahrtbundesamt oder das Gericht.
Was führt zum Entzug der Fahrerlaubnis?
Typische Gründe für den Entzug der Fahrerlaubnis können sein:
- Wiederkehrende Ohnmachtsanfälle, unbehandelte Sehschwäche, schwere Diabetes oder Depressionen (siehe 2 Abs. 4 StVG).
- Das Erreichen von 8 Punkten im Fahreignungsregister
- Schwere Verkehrsdelikte (Gefährdungs des Straßenverkehrs §315c StGB, Trunkenheit §323a StGB, Drogen, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort §142 StGB, weitere Straftaten mit Kraftfahrzeugen)
- Starker Altersabbau oder charakterliche Mängel (wiederholte Straffälligkeit, Agressionspotenzial)
Die Fahrerlaubnis kann demnach auch im Rahmen einer strafrechtlichen Maßregelung entzogen werden. Grundlage für den Entzug der Fahrerlaubnis ist in diesem Fall Paragraf 69 Strafgesetzbuch (StGB).
Wie kann die Fahrerlaubnis wiedererlangt werden?
Um die Fahrerlaubnis in Folge eines Entzugs wiederzuerlangen, kann sechs Monate vor Ablauf der individuellen Sperrfrist (Vgl. Paragraph 20 Abs. 4 FeV) ein schriftlicher Antrag bei der entsprechenden Fahrerlaubnisbehörde gestellt werden.
Meist ist die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis an verschiedene Bedingungen wie eine medizinisch-psychologische Untersuchung geknüpft. Es ist ratsam, sich rechtzeitig darüber zu informieren, welche Unterlagen der Antragsstellung hinzugefügt werden müssen.
Der grenzüberschreitende Führerscheinentzug
Das Europäische Parlament hat sich auf ein zentrales Gesetzgebungsdossier geeinigt, mit dem die Sicherheit auf den Straßen verbessert werden soll. Ein Bestandteil des Dossiers ist die neue Richtlinie, dass schwere Verkehrsverstöße in einem Mitgliedsstaat zukünftig auch EU-weit konsequente Folgen haben sollen.
Bisher kann nur das Land, im dem die Fahrerlaubnis erteilt wurde, diese vollständig entziehen. Bei Verkehrsdelikten in anderen EU-Staaten und daraus resultierenden Fahrverboten oder Fahrerlaubnisentzügen gelten diese bisher nur dort, wo die Strafe verhängt wurde.
Nach der Verabschiebung der neuen Richlinie haben die Mitgliedsstaaten vier Jahre Zeit, um diese in nationales Recht umzusetzen.
Fahrverbot - die zweithärteste Maßnahme im Verkehrsrecht
Bei einem Fahrverbot muss der Betroffene seinen Führerschein bzw. sämtliche Führerscheindokumente in amtliche Verwahrung bei der zuständigen Bußgeldstelle, der Polizei oder Staatsanwaltschaft geben.
Nach Ablauf des Fahrverbotes (zwischen einem und sechs Monaten) erhält der Betroffene seine Dokumente zurück. Mit der Abgabe des/der Dokumente/s beginnt das Fahrverbot offiziell.
Konkret bedeutet das: Fährt man trotz Fahrverbot, begeht man eine Straftat. Diese wird mindestens mit einer Geldstrafe, wenn nicht sogar mit dem Entzug der Fahrerlaubnis für mindestens sechs Monate oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet. Der Entzug der Fahrerlaubnis ist die wohl härteste verkehrsrechtliche Maßnahme.
Sind Sie Ersttäter oder wurde in den vergangenen zwei Jahren kein Fahrverbot verhängt, dürfen Sie den Beginn des Fahrverbots selbst bestimmen. Sie müssen das Fahrverbot jedoch innerhalb der Vier-Monats-Frist nach Rechtskraft des Bußgeldbescheids antreten und können es nicht aufsplitten. Als Wiederholungstäter steht Ihnen diese Möglichkeit nicht offen.
Was führt zum Fahrverbot?
Ein Fahrverbot kann auf zwei Wegen erfolgen:
- Urteil eines Strafgerichtes: ein Monat bis sechs Monate Fahrverbot
- Festsetzung im Bußgeldbescheid: ein Monat bis drei Monate Fahrverbot
Auch außerhalb des Straßenverkehrs kann nach Paragraf 44 StGB ein Fahrverbot verhängt werden.
Mögliche Gründe für ein Fahrverbot sind bspw. Geschwindigkeitsüberschreitungen, Fahren unter Alkohol-Einfluss oder das Überfahren einer roten Ampel.
Tatbestand |
Bußgeld in Euro |
Punkte in Flensburg |
Fahrverbot in Monaten |
Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts 26-30 km/h |
150 |
1 |
1* |
Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts 26-30 km/h |
180 |
1 |
1* |
Verstoß gegen die 0,5-Promille-Grenze |
500 |
2 |
1 |
Fahren unter Drogeneinfluss |
500 |
2 |
1 |
Qualifizierter Rotlichtverstoß (Rotlicht länger als eine Sekunde) |
200 |
2 |
1** |
** je nach Vorfall auch Geldstrafe, Führerscheinentzug und Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre nach § 315c StGB möglich.
Kann ein Fahrverbot umgangen werden?
Wenn Sie das Fahrverbot umgehen wollen, sollten Sie sich unbedingt von einem Anwalt beraten lassen.
Sie müssen – je nach Sachlage – z.B. glaubhaft darlegen können, dass Ihre Arbeitsstelle oder wirtschaftliche Existenz durch das Fahrverbot bedroht ist.
Existenzgefährdung: Möglicher Verzicht auf Fahrverbot
Droht durch ein Fahrverbot der Verlust des Arbeitsplatzes, kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen und nach Anhebung der Geldstrafe auf ein Fahrverbot verzichten (laut einem Urteil des Amtsgerichts Lüdinghausen vom 23.05.2016 – 19 OWi – 89 JS 821/16 – 81/16).
Hierbei prüft das Gericht, ob dem betroffenen Arbeitnehmer der tatsächliche Verlust des Arbeitsplatzes droht. Des Weiteren wird geprüft, ob ein Fahrverbot mit Hilfe entsprechender Planung überbrückt werden kann..
Was tun bei Führerscheinverlust?
Das Nicht-Vorhandensein des Führerscheins ist nicht immer gleichbedeutend mit einem Fahrverbot oder gar Führerscheinentzug. Es mag daran liegen, dass das Dokument verloren oder gestohlen wurde. Das hat keine Konsequenzen für das Fuhrparkmanagement – dennoch sollte der Betroffene der Fuhrparkleitung Bescheid geben und in jedem Fall einen Ersatzführerschein beantragen.
Das Fuhrparkmanagement sollte auf das Vorzeigen eines vorläufigen Führerscheins bestehen, um sicherzustellen, dass die Fahrerlaubnis weiterhin Bestand hat.
So beugen Unternehmen vor: Führerscheinkontrolle und Vertragsgestaltung
Überlässt ein Unternehmen seinen Mitarbeitern ein Fahrzeug, ist dieses verpflichtet, regelmäßig zu prüfen, ob die Fahrer im Besitz eines Führerscheins bzw. einer Fahrerlaubnis sind. Regelmäßige Kontrollen können dazu beitragen, dass ein Fahrer ohne Fahrerlaubnis kein Fahrzeug bewegt. Wichtig bei der Durchführung der Führerscheinkontrolle ist, dass diese wiederkehrend durchgeführt und rechtssicher dokumentiert wird.
Im Rahmen der Dienstwagenüberlassung sollte im Überlassungsvertrag geregelt werden, dass Mitarbeiter aktiv darüber informiert werden müssen, wenn ein Fahrverbot verhängt oder sogar die Fahrerlaubnis entzogen wurde.
Konsequenzen für Arbeitgeber und Fuhrparkmanagement
Kommt ein Arbeitgeber seiner Pflicht nicht nach, sicherzustellen, dass nur Fahrer mit gültiger Fahrerlaubnis Firmenfahrzeuge bewegen, hat das Konsequenzen. Hierzu zählen:
- Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen
- Leistungsfreiheit der Kasko-Versicherung
- Regress der Haftpfichtversicherung
- Bußgelder von bis zu 1. Mio Euro bei Organisationsverschulden
Im eigenen Interesse sollten Fahrzeughalter und Fuhrparkverantwortliche daher regelmäßig die Führerscheine von Dienstwagenfahrern kontrollieren, um die Halterhaftung wegen Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit ihren rechtlichen Konsequenzen zu vermeiden.
Warum muss eine Führerscheinkontrolle im Fuhrpark erfolgen? Wir antworten ausführlich im Beitrag.
Bild: Vergleich Führerscheinentzug, Fahrverbot und Führerscheinverlust (PDF)
Bei Privatnutzung des Dienstwagens
Wurde bei einem Fahrer ein Fahrverbot oder ein Entzug der Fahrerlaubnis festgestellt , muss ihm die Nutzung des Dienstwagens bis auf Weiteres untersagt werden (Widerruf der Fahrzeugüberlassung/ Widerrufsvorbehalt). Dies gilt auch dann, wenn der betroffene Fahrer von sich aus mitteilt, dass ein Fahrverbot gegen ihn vorliegt oder ihm der Führerschein entzogen wurde.
Auch bei Mitarbeitern, die keine Dienstwagen fahren, dafür jedoch Poolfahrzeuge nutzen gilt: Untersagen Sie die Nutzung im Fall eines Fahrverbots oder Führerscheinentzugs.
Ist ein Fahrer betroffen, der den Dienstwagen laut Dienstwagenüberlassungsvertrag auch privat nutzen darf, handelt es sich bei der Privatnutzung um eine Sachleistung, auf die der Dienstwagenfahrer einen Anspruch hat.
Darf der Fahrer seinen Dienstwagen nicht nutzen, solange Fahrverbot oder Führerscheinentzug bestehen, kommt dies einer Gehaltskürzung gleich. Um diesem Szenario vorzubeugen, ist es ratsam, den Widerrufsvorbehalt im Überlassungsvertrag festzuhalten.
Übersicht relevanter Beiträge zum Thema Führerscheinentzug bei Dienstwagenfahrern:
- Strafrechtliche Haftung für unzureichende Führerscheinkontrolle
- Überlassungsvertrag: Private Nutzung des Firmenwagens
- Dienstwagen mit oder ohne Privatnutzung
- Pflichten des Fuhrparkmanagements bei Verlust der Fahrerlaubnis eines Mitarbeiters
Führerscheinentzug als Kündigungsgrund
Kann der Mitarbeiter aufgrund des Führerscheinentzugs vorerst teilweise bis ganz seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen, entstehen dem Unternehmen in der Regel wirtschaftliche Einbußen.
Der Arbeitgeber muss in diesem Fall prüfen, ob der betroffene Mitarbeiter anderweitig eingesetzt werden kann. Eine (außerordentliche) Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Führerscheinentzugs kann nur dann durchgesetzt werden, wenn das Führen eines Kraftfahrzeugs wesentlicher Bestandteil der Verpflichtungen des Arbeitnehmers ist.
Das entschied das Bundesarbeitsgericht vor Jahrzehnten (Urteil BAG vom 14.02.1991, 2 AZR 525/90) im Fall eines Berufskraftfahrers, dessen Fahrerlaubnis in seiner arbeitsfreien Zeit entzogen wurde. Ob der Führerschein während oder außerhalb der beruflichen Tätigkeit entzogen wird, spielt keine Rolle bei der oben beschriebenen Kündigung.
Fazit
Führerscheinentzug, Fahrverbot und Führerscheinverlust haben für Arbeitgeber ernste Konsequenzen. Unternehmen müssen ihre Kontrollpflichten ernst nehmen, Prozesse rechtssicher dokumentieren und Verträge klar gestalten. Nur so vermeiden Sie strafrechtliche Risiken und sichern den Versicherungsschutz.
Rechtlicher Hinweis:
Dieser Beitrag ersetzt keine Rechtsberatung. Bitte wenden Sie sich bei konkreten Einzelfällen an einen Fachanwalt.