Die deutsche gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat im Rahmen der Unfallverhütung für den Fachbereich Fahrzeuge eine Vielzahl relevanter Regelungen erstellt, die auch für das Fuhrparkmanagement von Bedeutung sind. Eine Regelung ist die DGUV Vorschrift 70 – Fahrzeuge. Diese ist zum 01. Oktober 1990 in Kraft getreten und regelt den Umgang mit Fahrzeugen im Betrieb. Die DGUV Vorschrift 70 ist Grundlage für die Fahrerunterweisung sowie die Fahrzeugprüfung nach UVV.
Inhaltsverzeichnis:
- Rechtliche Grundlage: Unfallverhütungsvorschriften
- Unfallverhütungsvorschriften für Fahrzeuge: DGUV Vorschrift 70 (bisher BGV D 29)
- Inhalt der DGUV Vorschrift 70
- Plicht zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung
- DGUV Vorschrift 70 – Fahrzeuge: Relevanz für das Fuhrparkmanagement
Rechtliche Grundlage: Unfallverhütungsvorschriften
Die Unfallverhütungsvorschriften beinhalten verpflichtende Regelungen zur Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Dementsprechend sind die UVV-Vorschriften für jedes Unternehmen und jeden Versicherten relevant. Eingeführt als Berufsgenossenschaftliche Vorschriften (BGV), wurden die Regelungen am 01.05.2014 unter dem Dach der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung als DGUV-Vorschriften vereint.
Rechtlich bestimmt ist der Begriff der „Unfallverhütungsvorschriften“ im Sozialgesetzbuch (SGB) – genauer im siebten Buch, Paragraf 15 SGB. Demnach können die Unfallverhütungsvorschriften im folgenden Rahmen erlassen werden:
„1. Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen, welche die Unternehmer zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu treffen haben, sowie die Form der Übertragung dieser Aufgaben auf andere Personen,
- das Verhalten der Versicherten zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren,
- vom Unternehmer zu veranlassende arbeitsmedizinische Untersuchungen und sonstige arbeitsmedizinische Maßnahmen vor, während und nach der Verrichtung von Arbeiten, die für Versicherte oder für Dritte mit arbeitsbedingten Gefahren für Leben und Gesundheit verbunden sind,
- Voraussetzungen, die der Arzt, der mit Untersuchungen oder Maßnahmen nach Nummer 3 beauftragt ist, zu erfüllen hat, sofern die ärztliche Untersuchung nicht durch eine staatliche Rechtsvorschrift vorgesehen ist,
- die Sicherstellung einer wirksamen Ersten Hilfe durch den Unternehmer,
- die Maßnahmen, die der Unternehmer zur Erfüllung der sich aus dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit ergebenden Pflichten zu treffen hat,
- die Zahl der Sicherheitsbeauftragten, die nach § 22 unter Berücksichtigung der in den Unternehmen für Leben und Gesundheit der Versicherten bestehenden arbeitsbedingten Gefahren und der Zahl der Beschäftigten zu bestellen sind.“
(§ 15 SGB 7)
Die Unfallverhütungsvorschriften werden durch die Fachbereiche der DGUV erstellt. Im Fuhrpark ist insbesondere DGUV Vorschrift 70 – Fahrzeuge relevant.
Unfallverhütungsvorschriften für Fahrzeuge: DGUV Vorschrift 70 (bisher BGV D 29)
Im Betrieb eingesetzte Fahrzeuge gelten als Arbeitsmittel (§ 2 Abs. 1 BetrSichV), die bei der Einhaltung von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Unternehmen berücksichtigt werden müssen. Denn der Arbeitgeber ist gemäß Arbeitsschutzgesetz dazu verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu treffen, um die „Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten“ zu gewährleisten (§ 3 ArbSchG) – das betrifft auch den Bereich Fahrzeuge.
Die DGUV Vorschrift 70 – Fahrzeuge beinhaltet nicht nur, die verpflichtenden Vorschriften, sondern definiert auch, welche Fahrzeuge davon betroffen sind. Fahrzeuge sind demnach maschinell angetriebene und nicht an Schienen gebundene Landfahrzeuge und deren Anhänger. Ausgenommen hiervon sind:
- Maschinell angetriebene Fahrzeuge mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 8 km/h und deren Anhängerfahrzeuge,
- Bagger, Lader, Planiergeräte, Schürfgeräte und Erdbaumaschinen,
- Straßenwalzen und Bodenverdichter,
- Flurförderfahrzeuge und deren Anhänger,
- Bodengeräte der Luftfahrt,
- Land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge,
- Pistenraupen,
- Fahrzeuge, die ihrer Bauart nach dazu bestimmt sind, im Schaustellergewerbe verwendet zu werden,
- Versuchsfahrzeuge und deren Erprobung,
- Fahrzeuge, bevor sie erstmals in Verkehr gebracht werden,
- Fahrzeuge, die zur Verwendung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bestimmt sind,
- dienstlich oder geschäftlich genutzte Privatfahrzeuge,
- Krankenfahrstühle.
Inhalt der DGUV Vorschrift 70
Die Vorschrift 70 regelt folgende Themenbereiche, die für die Nutzung eines Fahrzeuges im betrieblichen Umfeld relevant sind:
- Bau und Ausrüstung (§§ 3 - 31)
- Betrieb (§§ 32 - 56)
- Prüfung (§ 57)
- Ordnungswidrigkeiten (§ 58)
Bau und Ausrüstung
Im Abschnitt „Bau und Ausrüstung“ wird geregelt, wie ein Fahrzeug beschaffen sein muss, damit es im Unternehmen genutzt werden darf. Hierunter fällt beispielsweise, dass alle Fahrzeuge eine gültige Betriebserlaubnis vorweisen müssen, bevor diese eingesetzt werden dürfen. Weitere Punkte, die in diesem Abschnitt geregelt werden, sind die Kennzeichnung von Fahrzeugen, die Beschaffenheit von Scheibenwischern, Siegeln, Bremsen und Rädern sowie Hilfsmittel zur Ladungssicherung und Fahrzeugaufbauten, die die Ladungssicherung unterstützen sollen.
Betrieb
Der Abschnitt „Betrieb“ befasst sich mit dem Betrieb des Fahrzeugs. Hierzu zählen Sicherheitsmaßnahmen wie Sicherheitsgurte und Schutzhelme, aber auch das Verhalten vor und während einer Fahrt. Während sich der Abschnitt Bau und Ausrüstung mit den baulichen Gegebenheiten des Fahrzeugs befasst, geht es in den Paragraf 32 bis 56 darum, wie mit dem Fahrzeug im Betrieb selbst umzugehen ist. Darunter fällt beispielsweise auch das Be- und Entladen des Fahrzeugs und die Zustandskontrolle vor Fahrtbeginn.
Prüfung
Im Abschnitt „Prüfung“ geht es um die Prüfung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen. Im Rahmen der Fahrzeugprüfung nach UVV ist demnach durch einen Sachkundigen sicherzustellen, dass das Fahrzeug frei von Mängeln ist und einen betriebssicheren Zustand vorweist. Geprüft werden hierbei der verkehrs- und arbeitssichere Zustand des Fahrzeugs. Diese Prüfung ist nicht mit der Hauptuntersuchung beim TÜV zu verwechseln, da diese nicht jährlich stattfindet. Die Ergebnisse der Fahrzeugprüfung nach UVV sind zu dokumentieren und bis zur nächsten Prüfung aufzubewahren. Detaillierte Regelungen zur Prüfung von Fahrzeugen durch Sachkundige sind im DGUV Grundsatz 314-003 festgelegt.
Fahrzeugprüfung durch das Fahrpersonal
Nicht nur das Unternehmen ist dazu verpflichtet, Fahrzeuge im Fuhrpark regelmäßig durch einen Sachkundigen überprüfen zu lassen. Auch der Fahrer muss das Fahrzeug vor Fahrtantritt überprüfen. Festgehalten ist dies in Paragraf 36 DGUV Vorschrift 70 sowie dem DGUV Grundsatz 314-002 „Prüfung von Fahrzeugen durch Fahrpersonal“.
Weitere Infos, was bei der Prüfung vor Fahrtantritt zu beachten ist, fassen wir Ihnen in den nachfolgenden Beiträgen zusammen:
- Wer muss den Dienstwagen vor Fahrtantritt prüfen
- Was Sie vor jeder Autofahrt überprüfen sollten (inkl. Checkliste)
Ordnungswidrigkeiten
Der Abschnitt „Ordnungswidrigkeiten“ befasst sich mit Verstößen gegen die Unfallverhütungsvorschriften. Laut Paragraf 209 Abs. 3 (SGB VII) werden diese mit Bußgeldern von bis zu 10.000 Euro geahndet. Paragraf 58 enthält alle Vorschriften, die bei Verstoß ein Bußgeld zur Folge haben.
Ergänzt wird die DGUV Vorschrift 70 durch die „Durchführungsanweisung Fahrzeuge“. Durchführungsanweisungen geben an, wie die Schutzziele, die in den Unfallverhütungsvorschriften definiert wurden, erreicht werden können. Schutzziele ergeben sich hierbei konkret aus der Gefährdungsbeurteilung, die für jede Tätigkeit und jeden Arbeitsplatz vorliegen muss.
Plicht zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet den Arbeitgeber zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsbedingungen und Ermittlung von geeigneten Maßnahmen (§ 5 ArbSchG, § 3 DGUV Vorschrift 1). Die Gefährdungsbeurteilung muss schriftlich dokumentiert werden (§ 6 ArbSchG). Relevant für die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsmitteln ist zudem die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) – insbesondere Paragraf 3 BetrSichV. Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung sind vor allem für die Fahrerunterweisung nach UVV relevant und nehmen Einfluss auf die Inhalte. Gefährdungsbeurteilungen sind regelmäßig zu prüfen und bei Veränderungen anzupassen. Das betrifft beispielsweise auch die Einführung von Elektromobilität im Fuhrpark. Mehr Infos dazu finden Sie im Gastbeitrag von Rechtsanwalt Lutz D. Fischer.
DGUV Vorschrift 70 – Fahrzeuge: Relevanz für das Fuhrparkmanagement
Mit den Regelungen zu „Bau und Ausrüstung“ und „Betrieb“ beinhaltet die DGUV Vorschrift 70 alle relevanten Themen, die im Rahmen des Fuhrparkmanagements im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Dienstfahrzeugs beachtet werden müssen. Diese Vorschrift ist somit die Grundlage für die Inhalte der Fahrerunterweisung nach UVV, die regelmäßig im Fuhrpark durchzuführen ist. Der Bereich „Prüfung“ regelt zudem die Rahmenbedingungen für die jährlich durchzuführende Fahrzeugprüfung nach UVV durch einen Sachkundigen.
Rechtliche Grundlage der Fahrerunterweisung: |
Rechtliche Grundlage der Fahrzeugprüfung: |
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Missachtet das Fuhrparkmanagement die Anforderungen an die Fahrerunterweisung und Fahrzeugprüfung nach UVV, kann dies teuer werden. Die ordnungsgemäße Durchführung beider Fuhrparkpflichten ist daher umso wichtiger. Die rechtlichen Konsequenzen für eine unzureichende Fahrerunterweisung und Fahrzeugprüfung im Überblick:
Bild: Die rechtlichen Konsequenzen der UVV-Pflichten Fahrerunterweisung und Fahrzeugprüfung im Überblick
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