Bei der Prozesskostenrechnung handelt es sich um ein Kostenrechnungssystem aus der Betriebswirtschaftslehre. Dieses ist auch auf Prozesse im Fuhrparkmanagement anwendbar. Wir betrachten die Prozesskostenrechnung allgemein, deren Ablauf und geben Beispiele für die Führerscheinkontrolle, Fahrerunterweisung und Fahrzeugprüfung nach UVV im Fuhrparkmanagement.
Inhaltsverzeichnis:
- Prozesskosten: Definition
- Prozesskostenrechnung
- Anwendung der Prozesskosten
- Ermittlung der Prozesskosten
- Beispiele Führerscheinkontrolle, Fahrerunterweisung & Fahrzeugprüfung
- Fazit
Prozesskosten: Definition
Ein Prozess umfasst grundsätzlich drei Faktoren, die mitberücksichtigt werden müssen. Das sind:
- Menschen
- Systeme und
- Strukturen.
All diese Aspekte müssen im Rahmen der Ermittlung der Prozesskosten untersucht und erfasst werden. Prozesskosten sind die Kosten, die mit betrieblichen Abläufen im Unternehmen verbunden sind. Sie zählen in der Gewinn- und Verlustrechnung zu den sonstigen betrieblichen Aufwendungen und bilden die Grundlage für die Prozesskostenrechnung.
Prozesskostenrechnung
Im Bereich des Rechnungswesens wird zwischen verschiedenen Kostenrechnungen unterschieden. Die Kostenrechnung hat zum Ziel, Informationen über Kosten und Erlöse zu liefern und dient darüber hinaus der Planung und Kontrolle.
Entstanden ist die Prozesskostenrechnung (auch Activity-Based-Costing genannt) Anfang der 1970er Jahre in den USA. In Deutschland wird sie seit den 1980er Jahren angewendet.
Die Prozesskostenrechnung kann bei der Kalkulation eines neuen Produktes genutzt werden, um Entwicklungskosten in den entstehenden Verkaufspreis einzurechnen. Darüber hinaus dient die Prozesskostenrechnung der Bewertung bestehender Prozesse im Unternehmen. Sie wird unter anderem bei der Planung, Steuerung und Verrechnung von Gemeinkosten eingesetzt. Untersucht werden stets interne Unternehmensprozesse.
Definitionen: Gemeinkosten, Kostenstelle & Kostenträger
Bei Gemeinkosten handelt es sich um Kosten, die im Gegensatz zu Einzelkosten nicht direkt einem Kostenträger zugerechnet werden können. Die Gemeinkosten werden auf die Kostenstellen verteilt und durch Ermittlung von Zuschlagsätzen auf die Kostenträger verrechnet. Typische Gemeinkosten sind Gehälter der Geschäftsleitung, Hilfslöhne oder kalkulatorische Abschreibungen.
Kostenstellen sind betriebliche Orte, an denen die Kosten entstehen. Dies kann z. B. das Fuhrparkmanagement sein. Bei Kostenträgern handelt es sich unter anderem um hergestellte Güter oder Dienstleistungen eines Unternehmens.
Es wird zwischen Hauptprozessen und Teilprozessen unterschieden. Der Hauptprozess betrifft die gesamte Aktivität, der Teilprozess bezieht sich lediglich auf eine bestimmte Kostenstelle. Bei der Betrachtung der Prozesse sind auch die Kostentreiber zu ermitteln.
Definition: Kostentreiber
Bei einem Kostentreiber handelt es sich um eine Messgröße für die Kostenverursachung. Der Kostentreiber beeinflusst die Kosten eines Prozesses.
Beispiel: Steigt die Anzahl der zu kontrollierenden Führerscheine im Unternehmen, steigt gleichzeitig der Aufwand für die Koordination und Durchführung der Kontrolle; folglich steigen die Prozesskosten.
Die daraus ermittelten Zahlen und Kennziffern werden aufbereitet im internen Controlling verwendet und dienen der Steuerung unternehmerischer Ziele. Zudem bilden sie die Grundlage zur Ableitung von Strategien.
Anwendung der Prozesskostenrechnung
Die Prozesskostenrechnung findet immer dann Anwendung, wenn Prozessen im Betriebsablauf Kosten zugewiesen werden sollen. Bei den Kosten gilt das Verursacherprinzip, nach dem alle Kosten, die bei einem Prozess anfallen, berücksichtigt werden.
Hierbei ist zu unterscheiden zwischen
- leistungsmengeninduzierten Prozesskosten und
- leistungsmengenneutralen Prozesskosten.
Bei leistungsmengeninduzierten Prozesskosten handelt es sich um Kosten, die sich proportional zur Menge der Kostentreiber verhalten. Diese können daher auch als bezugsgrößenabhängige Prozesskosten bezeichnet werden.
Beispiel: In der Kostenstelle "Fuhrparkmanagement" werden Unterweisungen durchgeführt. Die Kosten des Prozesses "Unterweisung durchführen" hängen von der Anzahl der durchzuführenden Unterweisungen ab. Damit sind es leistungsmengeninduzierte Kosten.
Leistungsmengenneutrale Prozesskosten sind Kosten, die sich im Gegensatz zu leistungsmengeninduzierten Kosten völlig unabhängig von den Kostentreibern verhalten. Diese können auch als bezugsgrößenunabhängige Prozesskosten bezeichnet werden.
Beispiel: Anders sieht dies bei den Kosten aus, die der Leiter der Kostenstelle "Fuhrparkmanagement" verursacht. Diese Kosten hängen nicht von der Anzahl der durchzuführenden Unterweisungen ab - sie sind also leistungsmengenneutral.
Durch die Prozesskostenrechnung besteht nun die Möglichkeit, Gemeinkosten der tatsächlichen Inanspruchnahme zuzuordnen. Ohne diese Zuordnung erfolgt die Berechnung der Gemeinkosten meist nur durch frei gewählte Zuschlagsätze. Zur Anwendung der Prozesskostenrechnung im Unternehmen ist eine detaillierte Aufstellung der Unternehmensprozesse notwendig.
Ermittlung der Prozesskosten
Zur Ermittlung der Prozesskosten sind verschiedene Schritte notwendig:
- Abgrenzung der einzelnen Aktivitäten und unterschiedlichen Bereiche
- Aufstellung von Hypothesen über Hauptprozesse und deren Kostentreiber
- Zusammenfassen der Tätigkeiten mit gleichem Ergebnis zu Teilprozessen
- Ermittlung der verfügbaren Kapazitäten für Teilprozesse
- Festlegung der Teilprozesskosten und Zuordnung der Kosten zu Teilprozessen
- Zusammenfassung zu Gesamtprozesskosten
- Zuordnung der Kostentreiber zu Kostenstellen
Wichtig für die Prozesskostenrechnung ist die Transparenz über den gesamten Prozess und das Geschehen im Fuhrparkmanagement. Dabei berücksichtigt werden auch weitere Planungen im Unternehmen. Dies betrifft mittel- und langfristige Planungen, die die Entwicklung des Unternehmens beeinflussen.
Betrachten wir nun drei Beispiele aus dem Fuhrparkmanagement: die Führerscheinkontrolle, die Fahrerunterweisung bzw. Unterweisungen generell und die Fahrzeugprüfung nach UVV. Die Kosten werden für die Prozesse der manuellen Führerscheinkontrolle, der Unterweisung als Präsenzveranstaltung und dem analogen Management der UVV-Prüfung ermittelt.
Beispiele Führerscheinkontrolle, Fahrerunterweisung und Fahrzeugprüfung
Bei der Führerscheinkontrolle sind folgende Aktivitäten voneinander abzugrenzen:
- Fuhrparkmanagementaufgaben
- Terminvereinbarung
- Sichtkontrolle & Kopie des Führerscheins
- Schriftliche Dokumentation und Ablage
- Fahreraufgaben
- Terminvereinbarung
- Sichtkontrolle & Kopie
Als Kostentreiber ist bei der Führerscheinkontrolle die Anzahl der zu kontrollierenden Führerscheine anzusehen. Mit steigender Anzahl der Führerscheinkontrollen steigt auch der Aufwand für deren Bearbeitung, da es sich bei den Aktivitäten und Tätigkeiten um variable Positionen handelt.
Basierend auf Erfahrungen unserer Fuhrparkkunden können für die manuelle Führerscheinkontrolle pro Kontrolle folgende Aufwände festgelegt werden:
Fuhrparkmanagementaufgaben
Terminvereinbarung | 5 Minuten |
Sichtkontrolle & Kopie des Führerscheins | 5 Minuten |
Schriftliche Dokumentation und Ablage | 5 Minuten |
Fahreraufgaben
Terminvereinbarung | 5 Minuten |
Sichtkontrolle & Kopie | 5 Minuten |
Dies ergibt in Summe einen Aufwand von 15 Minuten pro Führerscheinkontrolle für das Fuhrparkmanagement und zehn Minuten für den Fahrer selbst. Bei den Fahreraufwänden nicht mit einberechnet sind mögliche Anfahrtswege zum Fuhrparkmanagement, wenn der Fahrer beispielsweise nicht regelmäßig am Standort ist.
Zur Betrachtung der genauen Prozesskosten wird nun der individuelle Stundensatz der zuständigen Personen im Fuhrparkmanagement und der Fahrer herangezogen. Der ermittelte Kostensatz ergibt dann die Kosten pro Kontrolle. Diese müssen nun in Relation zum Kostentreiber gesetzt werden, der Anzahl der zu kontrollierenden Führerscheine.
Quelle: Eigene Darstellung
Bei der Fahrerunterweisung bzw. generell bei Unterweisungen im Fuhrpark und Unternehmen verhält es sich ähnlich. Die Aktivitäten des Prozesses sind jedoch weitaus komplexer:
- Fuhrparkmanagementaufgaben*
- Terminorganisation (Ort, Dauer, Ausstattung, Moderator etc.)
- Erstellung Teilnehmerliste und Einladungsversand
- Vorbereitung auf Basis aktueller Gesetzesgrundlagen
- Durchführung der Unterweisung vor Ort
- Dokumentation, Archivierung und Auswahl eines neuen Termins
- Fahreraufgaben*
- Terminvereinbarung
- Durchführung der Unterweisung
- Dokumentation
*Dies betrifft ebenso andere Verantwortungsbereiche, in denen Unterweisungen z. B. zum allgemeinen Arbeitsschutz durchgeführt werden müssen. Beispielhaft wird hier der Anwendungsfall "Fuhrparkmanagement" genutzt.
Die Anzahl der zu unterweisenden Fahrer stellt den Kostentreiber bei der Fahrerunterweisung dar. Mit steigender Anzahl der Fahrer steigt auch der Aufwand für die Organisation und Durchführung der Unterweisung, da die Aktivitäten und Tätigkeiten von dieser Anzahl abhängig sind.
Basierend auf Erfahrungen unserer Fuhrparkkunden können für die Fahrerunterweisung als Präsenzveranstaltung pro Unterweisungstermin folgende Aufwände festgelegt werden:
FuhrparkmanagementaufgabenTerminorganisation (Ort, Dauer, Ausstattung, Moderator etc.) | 7,5 Stunden |
Erstellung Teilnehmerliste und Einladungsversand | 1,5 Stunden |
Vorbereitung auf Basis aktueller Gesetzesgrundlagen | 8 Stunden |
Durchführung der Unterweisung vor Ort | eine Stunde |
Dokumentation, Archivierung und Auswahl eines neuen Termins | 4,5 Stunden |
Fahreraufgaben
Terminvereinbarung | 5 Minuten |
Durchführung der Unterweisung | eine Stunde |
Dokumentation | eine Minute |
Dies ergibt in Summe einen Aufwand von 22,5 Stunden pro Unterweisungstermin für das Fuhrparkmanagement und über eine Stunde für den Fahrer. Nicht eingerechnet sind auch hier mögliche Anfahrtswege zum Standort durch den Fahrer und zusätzlich auf Seiten des Fuhrparkmanagements die erstmalige Vorbereitung der Schulungsunterlagen. Sind diese erstmalig zu erstellen, kann der Aufwand deutlich höher ausfallen als die einberechneten acht Stunden. Ebenfalls nicht berücksichtigt sind mögliche Ausweichtermine, die aufgrund der Größe der Schulungsgruppen, Krankheit oder sonstigen Umständen anfallen können.
Zur Betrachtung der genauen Prozesskosten wird wieder der individuelle Stundensatz der zuständigen Personen im Fuhrparkmanagement und der Fahrer herangezogen. Der ermittelte Kostensatz entspricht dann den Kosten pro Unterweisungstermin. Zu berücksichtigen ist, dass die Kosten auf Seiten des Fuhrparkmanagements in Summe unabhängig von der Anzahl der Fahrer sind.
Quelle: Eigene Darstellung
Bei der Fahrzeugprüfung nach UVV handelt es sich in der Regel um einen manuellen Prozess, vom Terminmanagement bis hin zur späteren Archivierung der Prüfberichte. Die Aktivitäten verteilen sich hier wie folgt:
- Fuhrparkmanagement
- Terminerinnerung an Fahrer
- Nachhalten des UVV-Prüftermins
- Schriftliche Dokumentation und Ablage
- Fahrer
- Durchführung des UVV-Prüftermins bei zuständigem Servicepartner
- Übermittlung des Prüfberichts an Fuhrparkmanagement
Als Kostentreiber ist bei der Fahrzeugprüfung ebenso wie bei der Führerscheinkontrolle oder Unterweisung die Anzahl der Prüfungen anzusehen. Mit steigender Anzahl der UVV-Prüfungen steigt der Aufwand für die Terminerinnerung an den Fahrer und die spätere Dokumentation der Prüfberichte.
Basierend auf Erfahrungen unserer Fuhrparkkunden können für die Fahrzeugprüfung folgende Aufwände festgelegt werden:
Fuhrparkmanagementaufgaben
Terminerinnerung an Fahrer |
5 min |
Nachhalten des UVV-Prüftermins |
5 min* |
Schriftliche Dokumentation und Ablage |
5 min |
Organisation eines Ersatzfahrzeugs für den Fahrer |
5 min |
Ggf. Übergabe des Fahrzeugs an Servicepartner für die UVV-Prüfung** |
60 min |
*Sofern der UVV-Termin direkt vereinbart wird, entstehen keine Aufwände für das Nachhalten der Termine.
**Abhängig vom internen Prozess. Ist die UVV-Prüfung so organisiert, dass der Fahrer sein Fahrzeug im Fuhrparkmanagement abgibt und das Fuhrparkmanagement das Fahrzeug zur UVV-Prüfung an den Servicepartner übergibt, ist dieser Aufwand dem Fuhrparkmanagement zuzuordnen. Andernfalls ist dies ein Aufwand, der dem Fahrer zuzuordnen ist.
Fahreraufgaben
Durchführung des UVV-Prüftermins bei zuständigem Servicepartner |
60 min* |
Übermittlung des Prüfberichts an Fuhrparkmanagement |
5 min** |
*Abhängig von der Dauer der UVV-Prüfung beim Servicepartner
**Anfahrtswege zum Fuhrparkmanagement werden hier nicht berücksichtigt.
Der Aufwand im Fuhrparkmanagement beläuft sich bei der UVV-Prüfung auf 20 Minuten pro Prüfung. Der Aufwand für den Fahrer ist an dieser Stelle deutlich höher, da er für die Dauer der UVV-Prüfung ggf. Wartezeiten in Kauf nehmen muss. Diese Aufwände können durch die Bereitstellung von Poolfahrzeugen reduziert werden. Abweichungen und andere Konstellationen, wie oben beschrieben, werden hier nicht weiter berücksichtigt.
Zur Betrachtung der genauen Prozesskosten wird nun der individuelle Stundensatz der zuständigen Personen im Fuhrparkmanagement und der Fahrer herangezogen. Der ermittelte Kostensatz ergibt dann die Kosten pro Vorgang für die UVV-Fahrzeugprüfung. Dieser ermittelte Kostensatz muss dann in Relation zum Kostentreiber gesetzt werden, der Kostentreiber ist in diesem Fall die Anzahl der zu prüfenden Fahrzeuge.
Fazit
Auch im Fuhrparkmanagement ergibt es Sinn, sich die Prozesskosten einzelner Teilprozesse genauer anzuschauen. Diese Betrachtung kann anschließend die Grundlage für weitere strategische Entscheidungen, wie z. B. die Einführung einer elektronischen Führerscheinkontrolle oder der Nutzung eines E-Learning-Systems für die Fahrerunterweisung, sein.
Elektronische Lösungen können dazu beitragen, Prozesse im Fuhrparkmanagement effizient zu gestalten und langfristig Kosten zu reduzieren. So bleibt Fuhrparkverantwortlichen mehr Zeit für weitere wichtige Dinge.
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