Der Firmenwagen als Arbeitsmittel: Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet Fahrzeughalter zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung. Im neusten Gastbeitrag von bfp FUHRPARK & MANAGEMENT verschaffen die Kollegen Ihnen einen Überblick über die Gefährdungsbeurteilung im Fuhrpark.
Was bei Arbeitsplätzen in der Produktion, etwa für den Betrieb von Anlagen und Maschinen, längst Standard ist, wird im Fuhrparkalltag oft vernachlässigt: die Pflicht zur Erstellung, Dokumentation und regelmäßigen Überprüfung einer Gefährdungsbeurteilung.
Gefährdungsbeurteilung: Was ist das?
Unter dem Begriff „Gefährdungsbeurteilung“ wird der Prozess zur Ermittlung sowie Beurteilung von mit dem Arbeitsplatz bzw. dem Tätigkeitsfeld verbundenen Gefährdungen verstanden. Zusätzlich umfasst er das Aufstellen zielgerichteter Arbeitsschutzmaßnahmen. Zur Beurteilung von möglichen Gefährdungen fließen sowohl normative Kriterien (z. B. Grenzwerte) als auch subjektive Kriterien mit ein (Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung).
Die Gefährdungsbeurteilung ist gesetzlich verpflichtend und muss entsprechend dokumentiert werden. Sie dient unter anderem dazu, die Inhalte für Arbeitsschutz-Unterweisungen im Betrieb festzulegen.
Rechtliche Grundlage der Gefährdungsbeurteilung
Die Gefährdungsbeurteilung wird vor allem durch das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) bzw. dem „Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit“ – so der ausführliche Name – geregelt. Daran wird direkt deutlich, worum es geht: die Ergreifung sowie Verbesserung von Maßnahmen rund um Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.
Die Pflicht zur Gefahrenermittlung, der daraus resultierenden Maßnahmenentwicklung sowie anschließender Dokumentation liegt beim Arbeitgeber. Die Pflichten und Maßnahmen sind insbesondere in den Paragrafen drei bis sechs des Arbeitsschutzgesetzes festgehalten:
- 3 ArbSchG: Grundpflichten des Arbeitgebers
- 4 ArbSchG: Allgemeine Grundsätze
- 5 ArbSchG: Beurteilung von Arbeitsbedingungen
- 6 ArbSchG: Dokumentation
Weitere Arbeitgeberpflichten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung werden im Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) bestimmt. Im Fokus dabei steht die Bestimmung von Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie Betriebsärzten.
Je nach Arbeitsbereich und Tätigkeit sind weitere Vorschriften bei der Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung relevant. Dazu gehören:
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
- Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
- DGUV Vorschrift 1
- Bildschirmarbeitsplatzverordnung (BildscharbV)
- Lastenhandhabungsverordnung (LasthandhabV)
- Biostoffverordnung (BioStoffV)
Konsequenz bei fehlender Gefährdungsbeurteilung: Fuhrparkverantwortliche in der Pflicht
Nicht nur vorsätzliche Missachtung, auch Fahrlässigkeit durch Nichtwissen kann schnell zu empfindlichen Strafen führen. Nach Paragraf 25 ArbSchG wird bei einer nicht durchgeführten Gefährdungsbeurteilung ein Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro fällig. Der Grund: Mit dem Firmenwagen stellen Unternehmen dem Arbeitnehmer ein „Arbeitsmittel“ nach Paragraf 1 Abs. 1 der Betriebssicherheitsverordnung zur Verfügung. Das gilt auch für Firmenwagen, die dem Mitarbeiter zur privaten Nutzung überlassen werden.
Dadurch ist das Unternehmen verpflichtet, die mit der Nutzung des Fahrzeugs verbundenen Risiken eines Arbeitnehmers zu ermitteln sowie Präventivmaßnahmen zu ergreifen, die eine Gefährdung von vornherein ausschließen oder bestmöglich minimieren. Laut ArbSchG ist diese Gefährdungsbeurteilung zudem juristisch nachvollziehbar zu dokumentieren, regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren:
„(1) Der Arbeitgeber muß [sic!] über die je nach Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten erforderlichen Unterlagen verfügen, aus denen das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die von ihm festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und das Ergebnis ihrer Überprüfung ersichtlich sind. Bei gleichartiger Gefährdungssituation ist es ausreichend, wenn die Unterlagen zusammengefaßte Angaben enthalten.“ ( § 6 ArbSchG Abs.1 )
Inhaltliche Anforderungen einer Gefährdungsbeurteilung im Fuhrpark
Bei der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber oder die Person, der er diese Pflicht delegiert hat (z. B. Fuhrparkverantwortlicher, Fachkraft für Arbeitssicherheit) unter anderem die einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften (UVV) beachten. Diese beginnen bei einer dem Einsatzzweck entsprechenden Ausrüstung des Fahrzeugs (Hilfsmittel zur Ladungssicherung, Freisprecheinrichtung, Fahrerassistenzsysteme,) und reichen bis hin zu regelmäßigen Inspektion des Betriebszustands.
Neben den technischen Voraussetzungen muss die Gefährdungsbeurteilung auch organisatorische Maßnahmen beinhalten. Dazu zählt etwa die unternehmensinterne Regelung der Führerscheinkontrolle oder der jährlichen Fahrzeugprüfung nach UVV.
Zudem muss das Unternehmen sicherstellen, dass Firmenwagen nur von qualifizierten Mitarbeitern genutzt werden können (zum Beispiel Fahrerunterweisung, Schlüsselmanagement, arbeitsmedizinische Auflagen).
Freiheit bei der Ausgestaltung
Gute Nachricht: Anstelle detaillierter gesetzlicher Vorgaben kann der Fuhrparkverantwortliche Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen der Gefährdungsbeurteilung eigenverantwortlich selbst bestimmen („Betreiberverantwortung“). Bei gleichartiger Gefährdungssituation, zum Beispiel in Außendienst und/oder Vertrieb, ist es zudem ausreichend, wenn die Unterlagen zusammengefasste Angaben enthalten.
Es gibt jedoch Hilfestellungen, wie Gefährdungsbeurteilungen dokumentiert und durchgeführt werden können. So schlägt beispielsweise der BGW einen 7-Punkte-Plan vor:
Abbildung: 7-Punkte-Plan des BGW, Quelle: BGW
Hierbei geht es nicht nur um die Gefahren als solche, sondern unter anderem auch um die Festlegung von Rahmenbedingungen wie Verantwortlichkeiten im jeweiligen Arbeitsbereich. Ergänzend dazu empfiehlt sich eine Überprüfung und entsprechende Weiterentwicklung der Gefährdungsbeurteilung.
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