Fiktive Abrechnung in der Schadenregulierung

Ist es zu einem Unfall mit dem Fahrzeug gekommen, stellt sich die Frage nach der Reparatur und Schadenregulierung. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Neben der Reparatur in einer Werkstatt und der Kostenübernahme durch die Versicherung kann auch eine fiktive Abrechnung erfolgen. In unserem Beitrag werfen wir einen genaueren Blick auf die fiktive Abrechnung und geben einen Überblick darüber, was zu beachten ist.

Definition: Fiktive Abrechnung

Bei der fiktiven Abrechnung (auch abstrakte Abrechnung genannt) handelt es sich um einen Begriff aus der Schadenregulierung. Es handelt sich um einen Vorgang, bei dem durch die Versicherung der entstandene Schaden am Fahrzeug beglichen wird, es findet hierbei allerdings keine Reparatur des Fahrzeugs statt.

Die Abrechnungsart ist häufig bei Schäden zu finden, die die Kfz-Haftpflichtversicherung betreffen. Dabei werden die Schadenkosten durch die Versicherung des Unfallgegners getragen. Grundsätzlich ist auch bei einer Kaskoversicherung eine fiktive Abrechnung möglich, dies lohnt sich allerdings in den meisten Fällen nicht, da hier eine Rückstufung innerhalb der Schadenfreiheitsklassen erfolgt.

Rechtliche Grundlagen der fiktiven Abrechnung

Der Anspruch der fiktiven Abrechnung ergibt sich aus Paragraf 249 BGB „Art und Umfang des Schadensersatzes“. Hier heißt es:

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. (§ 249 BGB)

Die Schadensersatzregelung verpflichtet demnach den Schädiger dazu, den Zustand an der geschädigten Sache wiederherzustellen.

Weitere Informationen zu den rechtlichen Grundlagen des Schadenmanagements finden Sie in unseren dazugehörigen Beiträgen:

Wann und warum erfolgt die fiktive Abrechnung?

Mit einem Schaden geht häufig auch eine Wertminderung des Fahrzeugs einher. Der Geschädigte hat daher einen Anspruch auf einen Ausgleich dieses Schadens. In der Praxis begegnet man der fiktiven Abrechnung häufig dann, wenn es sich um Bagatellschäden, also kleinere Schäden, am Fahrzeug handelt. Aber auch bei älteren Fahrzeugen, bei denen eine Reparatur nicht mehr lohnend ist, ist die fiktive Abrechnung ein gängiges Mittel.

Gründe für eine fiktive Abrechnung:

  • Keine Reparatur des Fahrzeugs gewünscht, Fahrzeug wird mit Schaden weitergenutzt
  • Keine Reparatur des Fahrzeugs gewünscht und anschließender Verkauf des Fahrzeugs
  • Keine Reparatur durch eine Fachwerkstatt, sondern eigenhändige Reparatur
  • Kostengünstigere Reparatur in einer anderen Werkstatt
  • Fiktive Abrechnung mit anschließender Reparatur und weiteren Schadenersatzforderungen
Schon gewusst?

Wenn ein Schaden von der Versicherung im Rahmen einer fiktiven Abrechnung beglichen wird, sind Sie frei in Ihrer Wahl, was Sie mit dem erhaltenen Geld machen. Dies muss nicht für die Reparatur des Fahrzeugs eingesetzt werden.
 

Auch bei einem wirtschaftlichen Totalschaden kann die fiktive Abrechnung in Anspruch genommen werden. Der wirtschaftliche Totalschaden tritt dann ein, wenn die Reparaturkosten inkl. Restwert nach dem Unfall die Wiederbeschaffungskosten übersteigen.

Hinweis

Der wirtschaftliche Totalschaden unterscheidet sich von einem reinen Totalschaden. Bei dem Totalschaden liegen die Reparaturkosten mindestens 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs. Versicherungen zahlen in diesem Fall den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert des Fahrzeugs). Eine fiktive Abrechnung ist hier nicht möglich.

Ein Wechsel von einer fiktiven Abrechnung zu einer konkreten Schadenabrechnung ist jederzeit zulässig und von der Rechtsprechung anerkannt.

Was ist im Umgang mit der Versicherung zu beachten?

Damit es bei der Abrechnung von Schäden nicht zu Problemen kommt, ist es wichtig, alle Schäden rechtzeitig zu erfassen, zu dokumentieren und bei der gegnerischen Versicherung geltend zu machen. Es müssen keine Fristen der Versicherungen eingehalten werden. Jedoch muss stets im Hinterkopf behalten werden, dass die Ansprüche gegen den Unfallgegner nach drei Jahren verjähren.

Im Gegensatz zur regulären Schadenregulierung über die Versicherung, bei der Rechnungen für die Schadenregulierung eingereicht werden müssen, reicht der Geschädigte im Falle einer fiktiven Abrechnung lediglich den Kostenvoranschlag bzw. das Schadengutachten der Werkstatt ein. Bei den Kosten, die im Rahmen der fiktiven Abrechnung übernommen werden, können zudem auch Gutachter- oder Anwaltskosten mit einbezogen werden. Auch ein Nutzungsausfall kann in bestimmten Fällen geltend gemacht werden.

Entscheidet man sich für die fiktive Abrechnung, werden von den eingereichten Kosten des Kostenvoranschlags bzw. Schadengutachtens die Mehrwertsteuer abgezogen und der Betrag wird an den Geschädigten ausgezahlt. Gutachter- oder Anwaltskosten hingegen werden vollständig erstattet.

Ist das Fahrzeug bereits älter als drei Jahre und ist zum Zeitpunkt des Unfalls nicht scheckheftgepflegt, können im Rahmen der fiktiven Abrechnung keine Stundensätze von Markenwerkstätten angesetzt werden. Es sind stattdessen niedrigere Stundensätze von freien Werkstätten zu berücksichtigen.

Die Schadenminderungspflicht des Geschädigten geht aus Paragaf 254 BGB hervor:

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung. (§254 BGB)

Weitere Kürzungen

Neben den zugrundeliegenden Stundensätzen kann es vorkommen, dass Versicherungen weitere Kürzungen vornehmen. Hier ist allerdings Vorsicht geboten, denn nicht alle Kürzungen sind zulässig. Ein Beispiel sind die sogenannten UPE-Aufschläge. Die Aufschläge auf die unverbindliche Preisempfehlung der Hersteller wird nach ortsüblichen Zuschlägen vorgenommen. Diese Aufschläge werden im Gutachten berücksichtigt und dürfen durch die Versicherung nicht gekürzt werden. Darüber hinaus gibt es noch die Verbringungskosten, bei denen es regelmäßig zu Kürzungen kommt. Hierbei handelt es sich um Kosten, die entstehen, wenn ein Fahrzeug beispielsweise im für weitere Reparaturmaßnahmen, wie eine Beilackierung, in eine andere Werkstatt überführt werden.

Dies entschied auch das OLG Düsseldorf in seinem Urlaub vom 06.03.2012 (I-1 U 108/11). UPE-Aufschläge und Verbringungskosten sind auch bei der fiktiven Abrechnung erstattungsfähig.

Gutachten oder Kostenvoranschlag: Was wird wann genutzt?

Bei kleineren Schäden reicht in der Regel ein Kostenvoranschlag der Werkstatt aus. Handelt es sich schon im einen größeren Schaden am Fahrzeug oder gar einen (wirtschaftlichen) Totalschaden, ist ein Kfz-Gutachten immer zu empfehlen.

Mehr zum Kostenvoranschlag und dem Kfz-Schadengutachten erfahren Sie in unseren Beiträgen:

Überblick: Welche Schäden werden im Rahmen der fiktiven Abrechnung erstattet?

Im Rahmen der fiktiven Abrechnung können verschiedene Kosten geltend gemacht werden. Hierzu zählen:

Was ist nach einer fiktiven Abrechnung zu beachten?

Nachdem ein Schaden am Fahrzeug fiktiv abgerechnet wurde, muss die Veräußerungsfrist beachtet werden. Diese beträgt sechs Monate. Ein Verkauf innerhalb dieser sechsmonatigen Frist erlaubt es Ihnen nur, die tatsächlich angefallenen Kosten zu verlangen, nicht jedoch die fiktiven Reparaturkosten.

 

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Stefanie Effer

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