Vertragswerkstatt vs. freie Werkstatt

Steht eine Reparatur am Fahrzeug an, hat man – sofern nicht vertraglich gebunden – die Wahl zwischen einer freien Autowerkstatt oder einer Vertragswerkstatt. In Deutschland (2019) ist die Zahl der freien Werkstätten deutlich höher (mehr als 22.000 Stück) als die der Markenwerkstätten (rund 15.000 Stück) und 2018 ließen rund 18 Millionen Pkw-Fahrer Reparaturen hauptsächlich in freien Werkstätten durchführen. Anhand welcher Kriterien machen Sie es fest, an welche Autowerkstatt Sie sich im Reparaturfall wenden? Wir betrachten die beiden Varianten genauer und zeigen auf, was Sie bei Ihrer Entscheidung berücksichtigen sollten.

Worin unterscheiden sich Vertragswerkstatt und freie Werkstatt?

Manche Fahrzeughersteller wie Volvo, BMW, VW oder Audi haben Verträge mit Werkstätten, welche diese dazu autorisieren, dass sie die herstellerspezifischen Fahrzeuge reparieren dürfen. Die Vertragswerkstätten haben dabei Zugriff auf Originalersatzteile, herstellerspezifisches Know-how, Erfahrungswerte, entsprechendes Werkzeug, markenspezifische Diagnosegeräte inklusive Fehlerdatenbanken und Spezialisten-Hotlines. Hierdurch wird die Fahrzeugreparatur in der Regel auch teurer als die Reparatur in einer freien, nicht markengebundenen Werkstatt wäre. Doch fällt das Aufspüren eines Fehlers den Fachkräften einer Vertragswerkstatt auf Grund der genannten Basis häufig leichter.

Eine freie Werkstatt hingegen ist nicht vertraglich an einen Hersteller gebunden und auf die gängigen Fahrzeugmodelle der meisten Hersteller eingestellt. Dort sind unter anderem „breit“ ausgebildete Kfz-Mechatroniker für die Reparaturen zuständig, also nicht auf eine Marke oder einen Fahrzeughersteller spezialisierte Fachkräfte. Das kann den Nachteil haben, dass sie nicht viel Erfahrung mit einer bestimmten Marke haben und länger brauchen, um einen Fehler zu finden. Kann, muss jedoch nicht.

Welche Autowerkstatt ist die bessere Wahl?

Pauschal lässt sich nicht sagen, ob generell eine Vertragswerkstatt oder eine freie Werkstatt besser ist. Jeder Fahrzeughalter kann die Werkstatt frei wählen, sofern er nicht einen Leasingvertrag mit Werkstattbindung geschlossen hat. Dennoch: Es gibt einige Umstände, die Sie in Ihre Entscheidung, welche Werkstatt Sie aufsuchen, berücksichtigen sollten.

Die freie Werkstatt

Standardisierte Wartungs- und Verschleißreparaturen wie ein Bremsen-, Öl- oder Reifenwechsel lassen sich gut in einer freien Werkstatt in Ihrer Nähe erledigen. Meist werden preiswerte Ersatzteile aus dem freien Einzelhandel verbaut und nicht wie in einer Vertragswerkstatt teurere Originalersatzteile. Sollten Ersatzteile nicht auf Lager sein, können sie in der Regel kurzfristig bestellt werden – auch Originalersatzteile. Hinzu kommt, dass im Vergleich zu Vertragswerkstätten oft günstigere Stundensätze bezahlt werden. Innerhalb der Gewährleistungspflicht darf eine freie Werkstatt übrigens auch Wartungsarbeiten durchführen, ohne dass dadurch der Garantieanspruch verloren geht, sofern die Werkstatt die Vorgaben des Gesamtverbands Autoteile-Handel e. V. (GVA) und der EU-Kommission 2010 erfüllt. Konkret bedeutet das, dass nach Herstellervorschrift gearbeitet werden muss. Für die Fahrzeughersteller wiederum verhält es sich so, dass sie akzeptieren müssen, dass Fahrzeuginspektionen oder Reparaturen während der Garantiezeit in einer freien Werkstatt durchgeführt werden – solange die genannten Vorschriften eingehalten werden. Sie sollten darauf achten, dass die Werkstatt Mitglied der Kfz-Innung ist, da Sie bei Problemen die zuständige Schiedsstelle kostenlos ansprechen können. Für Fahrzeuge, die etwa vier Jahre alt sind, bieten sich freie Werkstätten eher an.

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Die Vertragswerkstatt

Liegt ein Garantiefall vor, sollte die Wahl eher auf eine Vertragswerkstatt fallen: Wenn Sie ein neues Fahrzeug fahren und die Reparatur in die zweijährige Sachmängelhaftung fällt, muss der Händler, der Ihnen das Fahrzeug verkauft hat, die Nachbesserung durchführen. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet. Die Arbeiten, die im Rahmen der Sachmängelhaftung anfallen, sind überdies kostenlos. Kommen die allgemeinen Neuwagen-Verkaufsbedingungen zum Einsatz, kann jede beliebige Vertragswerkstatt die Nachbesserungen vornehmen. Auch im Garantiefall (Herstellergarantie bei Neufahrzeugen) ist eine Vertragswerkstatt die richtige Anlaufstelle. Wie bei der Sachmängelhaftung auch ist jegliche Nachbesserung kostenfrei. Nach Ablauf der Garantie kann es sein, dass der Hersteller sich kulant zeigt, doch muss er das nicht – Kulanz ist schließlich eine freiwillige Leistung. Zeigt sich der Hersteller nicht kulant, kann das daran liegen, dass die vorangegangenen Reparaturen und Inspektionen nicht konsequent in einer Vertragswerkstatt vorgenommen wurden.

In diesen Fällen „müssen“ Sie in die Vertragswerkstatt:

  • Freiwillige Zusatzgarantie: Der Hersteller/ Händler kann das Recht in Anspruch nehmen, den Fahrzeugeigentümer für bestimmte Leistungen an sein Werkstattnetz zu binden.
  • Gesetzliche Sachmängelhaftung und
  • Rückrufaktion: Kommt der Hersteller in diesen Fällen für die Kosten auf, muss es die von ihm vorgeschriebene Vertragswerkstatt sein.
  • Je nach Leasingvertrag.

Vertraglich gebunden: Leasingfahrzeuge

In einem Fuhrpark finden sich in der Regel Leasingfahrzeuge, deren Eigentümer nicht das Unternehmen, sondern der Leasinggeber ist. Er kann im Leasingvertrag vorgeben, wohin das jeweilige Fahrzeug zur Inspektion oder Reparatur gebracht werden muss (Werkstattbindung). Das kann je nach Fuhrparkgröße schnell zu einem nicht zu unterschätzenden Kostenfaktor werden, weshalb die näheren Umstände vor Vertragsabschluss geklärt sein sollten. Denn, wie bereits beschrieben, kann auch eine freie Werkstatt unter Einhaltung der Herstellervorschrift Reparaturen durchführen.

Ebenfalls sollten Sie die Versicherungsunterlagen anschauen, da es durchaus sein kann, dass in Klauseln der Besuch bestimmter Werkstätten bei Kaskoschäden vorgeschrieben ist. Andernfalls müssen Sie selbst für die Reparaturkosten aufkommen. Rechtlich haftbar hingegen ist die Werkstattbindung nicht, wenn es sich um Haftpflicht-Schäden handelt. Der Geschädigte hat in der Regel Anspruch auf freie Wahl der Autowerkstatt.

Große Flotte? Werkstattrahmenvertrag!

Bei einer großen Flotte mit unterschiedlichen Marken kommt ein sogenannter Werkstattrahmenvertrag in Frage, denn oft gibt es günstige Rahmenverträge ab einer bestimmten Fahrzeuganzahl. Das bedeutet, dass pauschale Wartungsverträge angeboten werden; ein fester monatlicher Betrag für die gesamte Flotte. Im Vertrag können darüber hinaus zusätzliche Arbeiten und die Kosten für Ersatzfahrzeuge festgelegt werden.

Resümee: Was ist bei der Werkstattauswahl zu beachten?

  • Schauen Sie in den Leasingvertrag (Werkstattbindung).
  • Holen Sie sich, wenn möglich, verschiedene Angebote ein und vergleichen Sie. So können Sie Kosten sparen.
  • Erkundigen Sie sich beim Hersteller, wie es um Garantie und Kulanzleistungen steht, falls Sie aufgrund der Versicherung eine andere Werkstatt aufsuchen müssen.
  • Wie steht es um das Garantieversprechen des Herstellers? Was ist inbegriffen, was nicht?
  • Auch wichtig im Garantiefall: Laufleistungsbegrenzungen. Manch ein Hersteller hat eine Distanz-Grenze definiert (z. B. Tesla).
  • Haben Sie eine Anschlussgarantie? Wenn die gesetzliche Gewährleistungsfrist und die herstellerabhängige Neuwagengarantie abgelaufen sind, ist es zwar herstellerabhängig, wie weit die Anschlussgarantie noch reicht. Dennoch kann sich eine solche Garantie gerade bei zwei- bis vierjährigen Fahrzeugen lohnen, da diese einen sehr bzw. bis zu doppelt so hohen Reparaturbedarf haben – verglichen mit unter zweijährigen Autos.

 

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Kathrin Mikalay

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