Internationales Fuhrparkmanagement

Internationales Fuhrparkmanagement
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Bereits das nationale Fuhrparkmanagement kann eine Herausforderung sein. Die Königsdisziplin ist aber die Verwaltung und Steuerung einer internationalen Flotte. Dies fängt bereits mit der Frage an, was internationales Fuhrpark­management eigentlich ist und wo es beginnt. Ein Überblick:

Inhaltsverzeichnis: 

Internationales Fuhrparkmanagement beginnt vor der eigenen Tür!

Die Antwort ist relativ simpel und mag überraschen. Internationales Fuhrparkmanagement erfordert keine grenzüberschreitend aufgestellte Flotte. Fuhrparkverantwortliche müssen sich schon dann mit internationalen Fragen befassen, wenn Verkehrsverstöße im Ausland behangen werden oder der Fahrzeugberechtigte ein Grenzgänger ist. Entscheidende Faktoren können z. B. der Einsatzort, der Fahrzeugtyp und die Art der Fahrzeugnutzung sein.

Ausgangssituation: „Franz“ macht´s deutlich

Der fiktive Arbeitnehmer „Franz“ lebt am Bodensee im Dreiländereck.. Arbeitsbedingt stehen ihm sowohl ein Pritschenwagen als auch ein Pkw zur Verfügung. Sein Führerschein ist zu Kontrollzwecken mit einem Identifikationsmedium in Form eines NFC-Chips ausgestattet. Da Kraftstoff in Österreich günstiger ist als in Deutschland, möchte Franz die nahegelegene Tankstelle hinter der Grenze nutzen. Ab und an denkt er auch schon einmal darüber nach, ob er privat nach Österreich oder in die Schweiz übersiedeln sollte. Seinen Arbeitgeber möchte er aber nicht wechseln.

Achtung beim Führerschein! Deutsche Führerscheinkontrolle im Ausland

Glücklicherweise traf Franz bei seiner letzten Verkehrskontrolle in Österreich auf nachsichtige Polizisten. Denn um seiner Kontrollpflicht gerecht werden zu können und Franz lästige Wege in die Zentrale zu ersparen, hatte das Unternehmen die Führerscheine seiner Mitarbeiter mit NFC Siegeln versehen. In Deutschland und anderen Ländern ist das auch unproblematisch. In Österreich drohen dagegen strafrechtliche Konsequenzen. Denn als sogenannte öffentliche Urkunden dürfen Führerscheine nicht verändert werden und das Aufbringen eines Siegels gilt als Straftat. Wären die Polizisten weniger nachsichtig gewesen und hätten sie es nicht mit dem Abziehen des Siegels bewenden lassen, hätte Franz die österreichische Gastfreundschaft vermutlich länger genießen dürfen, als es ihm lieb gewesen wäre. Das Unternehmen ist übrigens für diese Fälle auf die siegellose Kontrolle via App umgestiegen. Ähnlich sieht es in Frankreich aus. auch hier sollte das Unternehmen eine Kontrolle via App bevorzugen.

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Beschlagnahmung von Fahrzeugen im Ausland bei Verkehrsverstößen

Nicht ganz so viel Glück hatte ein Kollege, der im Pfändertunnel zu flott unterwegs war. Denn nach einem freundlichen Gespräch mit den Polizeibeamten musste er das Auto stehen lassen und sich von Franz abholen lassen. Dabei hatte er noch Glück im Unglück. Fahrzeuge von Schnellfahrern dürfen in Österreich zwar sichergestellt und versteigert werden, gehört das Fahrzeug aber nicht dem Fahrer, ist es an die Firma oder Leasinggesellschaft herauszugeben. Dies gilt übrigens auch in Dänemark. Wäre dem Kollegen dasselbe in der Schweiz passiert, hätte sich sein Aufenthalt vielleicht unfreiwillig etwas verlängert und das Auto wäre weg gewesen. Denn den Schweizern ist es egal, wem das Fahrzeug gehört. Hätte die Firma den Wagen wiederhaben wollen, hätte sie ihn vielleicht in Liestal (zurück)ersteigern können.

Alkoholbedingten Beschlagnahmungen hat das Unternehmen vorgebeugt, indem es in der Car Policy eine generelle strikte 0,0 Promille-Grenze, verbunden mit der Androhung des Verlusts der Fahrzeugberechtigung, verankert hat. Denn anders als in Deutschland, tritt die Beschlagnahmung nach Alkoholverstößen z. B. auch in Italien oder Polen ein. Abgesehen von versicherungs- und verkehrssicherheitsrechtlichen Aspekten, sorgt ein striktes Alkoholverbot in der Überlassungsvereinbarung auch arbeitsrechtlich für klare Verhältnisse.

Wer darf wo fahren? Fahrten im Ausland regeln.

Polen ist auch das bevorzugte Urlaubsland von Franz, wo er bis 2022 gerne ans Frische Haff gefahren ist. Um Probleme zu vermeiden, hatte er stets und nicht nur, weil das in Polen vorgeschrieben ist, einer schriftlichen Nutzungserlaubnis der Firma und ein Exemplar der Grünen Karte dabei. Auf Besuche im ehemaligen Königsberg musste er allerdings verzichten; denn die Car Policy erlaubte die Nutzung des Fahrzeugs nur innerhalb der Grenzen der EU. Im Ausland anfallende Kraftstoff- und Mautkosten hatte er danach ebenso selbst zu tragen. Außerdem war es ihm strikt untersagt, das Fahrzeug anderen Personen zur Verfügung zu stellen. Abgesehen davon, dass die Ausstellung einer Nutzungserlaubnis bei Fahrten ins Ausland ohnehin sinnvoll ist, sollte die Car Policy nicht nur unmissverständlich regeln, wie, wo, sondern auch von wem das Fahrzeug genutzt werden darf. Denn bei Firmenfahrzeugen kann es abgabenrechtlich einen Unterschied machen, ob nur der Arbeitnehmer oder auch seine Angehörigen das Fahrzeug nutzen dürfen. Bei der Verwendung durch Angehörige liegt eine private Nutzung nahe.

Grenzgänger leben auf der Grenze!

Die Überlegungen, seinen Wohnsitz in die Schweiz zu verlegen, hat Franz übrigens ad acta gelegt. In Hinblick auf das Fahrzeug macht das auch Sinn. Den in Deutschland zugelassenen Dienstwagen hätte er in der Schweiz weder für Dienst- noch für Privatfahrten nutzen dürfen. Zulässig gewesen wäre lediglich die Nutzung für den grenzüberschreitenden Arbeitsweg. Aber selbst hierfür hätte eine entsprechende Zollbewilligung eingeholt oder das Fahrzeug eben auch in der Schweiz verzollt werden müssen. Umgekehrt gilt diese Regelung übrigens ebenso. Außerdem hätte in der Schweiz keine andere Person das Fahrzeug nutzen dürfen. Nur am Rande sei erwähnt, dass Reparaturen außerhalb des jeweiligen Zollgebiets ab einer bestimmten Wertgrenze steuerpflichtig sind. An dieser Stelle sei noch auf den für Grenzgänger relevanten Abschnitt 3a.5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses hingewiesen. Ganz anders verhält es sich wiederum in Skandinavien, wo in Dänemark wohnende Arbeitnehmer ihr Firmenfahrzeug in Dänemark auch privat nutzen dürfen, sofern denn die Abgabenbefreiung („afgiftsfritagelse“) gewährt worden ist. Ist dies der Fall, kann dann der schwedische Dienstwagen auch dänische Kennzeichen erhalten. 

Ist ein Vorsteuerabzug möglich?

Mit dem Pritschenwagen kann das Sinn machen. Bis auf wenige Ausnahmen kann die z. B. auf Kraftstoff, Wartung oder Reparatur anfallende Umsatzsteuer grundsätzlich nicht abgezogen werden (§ 12 Abs. 2 Z 2 lit b UStG/Österreich). BeiKasten- oder Pritschenwagen, die als „Fiskal-Lkws“ gelten, ist dies dagegen möglich, wenn sie in der Liste der Finanzverwaltung enthalten sind. Die Erstattung ist in Deutschland über das Portal der Bundeszentralverwaltung für Steuern zu beantragen. Da nicht davon auszugehen ist, dass die österreichischen Behörden Erleichterungen für ausländische Unternehmen vorsehen, macht es laut Unternehmensservice Portal durchaus Sinn, „bereits bei der Antragstellung gemeinsam mit den Originalrechnungen Unterlagen (Kopie Kraftfahrzeugbrief / Datenblatt / Typenschein) einzureichen, aus denen eindeutig hervorgeht, dass es sich hier um eines jener Fahrzeuge handelt, für das ein Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen ist.“ Listen gibt es übrigens nicht nur in Österreich. So hält z. B. auch das Schwedische Finanzamt detaillierte Listen, sowohl der steuerrelevanten Neupreise als auch zur einzelfahrzeugbezogenen Berechnung der zu entrichtenden Abgaben bereit. 

Was gilt generell?

Ob Tank- oder Beschaffungstourismus Sinn macht, muss jedes Unternehmen für sich selbst entscheiden. Denn abgesehen vom bürokratischen Aufwand ist der Vergütungsantrag bis zum 30.09. des Folgejahres einzureichen und dieser muss sich mindestens auf 50 Euro oder einen entsprechenden Betrag in der Landeswährung belaufen. In Hinblick auf Art. 7 der EU-Richtlinie 2008/9/EG gilt dies europaweit und vice versa.

Was ist sonst noch zu beachten?

Ergänzt werden die genannten Aspekte durch Fragen der Beschaffungspolitik, des Einsatzgebiets, nationalspezifische Sicherheitsvorschriften, Fragen des Versicherungsschutzes sowie etwaige währungspolitische Risiken. Eine zentralisierte, international zuständige Verwaltung und Beschaffung hört sich gut an und mag dort, wo es ausschließlich um Outbound-Verkehre geht, auch sinnvoll sein. Auch der steuer- und anschaffungskostenbezogene Überblick über den Gesamtmarkt kann für eine zentrale Planung sprechen.

Nationale Besonderheiten und Vorlieben, z. B. für bestimmte Fabrikate oder die Werkstattabdeckung, kennt der regionale Standort im Zweifel besser. Dies gilt z. B. für umweltspezifische, aber eben durchaus beschaffungsrelevante Vorgaben wie Umweltzonen oder verpflichtende Ausstattungsmerkmale. Arbeitsrechtliche oder Fragen der (national beschränkten) Entziehung der Fahrerlaubnis und der damit verbundenen Einsatzplanung dürfen ebenfalls nicht unterschätzt werden. Nicht zuletzt stehen Fragen an, wie z. B. wie lange welches Fahrzeug von wem, wo unter welchen Bedingungen und über welchen Zeitraum maximal genutzt werden darf, bevor eine Ummeldung notwendig wird oder ob vielleicht sogar eine Ausnahmegenehmigung möglich ist. Diese Auskünfte lassen sich bei einem nationalen Ansatz über die regionalen Standorte mitunter schon aus sprachlich-kulturell bedingten Gründen leichter in Erfahrung bringen, als dies der Zentrale möglich wäre.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich internationales Fuhrparkmanagement eben nicht zwingend auf die EU beschränken muss. Spätestens seit dem BREXIT oder bei interkontinentalen Verkehren, die z. B. in den asiatischen Teil der Türkei führen können, stellen sich Fragen, die nicht zentral, sondern nur mit lokaler Expertise und dem richtigen Stakeholdermanagement gelöst werden können.

Fazit

Die Ausführungen können nur einen kleinen Einblick in die Aspekte des internationalen Fuhrparkmanagements geben. Da viele Regelungen ihren Ursprung in EU-Richtlinien oder gar Verordnungen haben, lässt sich das Beispiel „Franz“ prinzipiell auf jeden Staat innerhalb der EU übertragen. Spezifische nationale Regelungen existieren natürlich. Diese dezidiert zu erläutern würde hier aber zu weit führen. Internationales Fuhrparkmanagement ist eine herausfordernde Aufgabe. Aber der Grundsatz, dass sich internationale Märkte nur unter Beachtung der lokalen Gegebenheiten und ggf. sogar nur unter Einbeziehung lokaler Akteure erschließen lassen, gilt eben auch hier.



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