Wann ist der Dienstwagen zu entziehen?

In der Praxis entstehen die meisten Streitigkeiten, wenn es darum geht, den – ggf. auch zur Privatnutzung-überlassenen – Dienstwagen wieder an den Arbeitgeber zurückzugeben. Probleme treten insbesondere dann auf, wenn zu den entsprechenden Voraussetzungen einer Rückgabe des Dienstfahrzeugs an den Arbeitgeber keine, nur unzulängliche oder gar lückenhafte Regelungen getroffen worden sind.

Auf einen Blick:

Für den Entzug des Dienstwagens und den damit verbundenen Widerruf der Nutzung müssen gute Gründe vorliegen. Diese (möglichen) Widerrufsgründe sollten vorab im Dienstwagenüberlassungsvertrag geregelt werden. Dabei sind die Grundsätze der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen. Ein möglicher Widerruf kann auch für die private Nutzung des Dienstfahrzeugs erfolgen. Zusätzlich zu möglichen Widerrufsgründen sollte auch der Rückgabeprozess des Dienstfahrzeugs geregelt werden.

Ein Widerruf braucht gute Gründe

Die Frage, wann ein Dienstwagen an den Arbeitgeber oder sein Fuhrparkmanagement zurückzugeben ist, entscheidet der Unternehmer meist aus wirtschaftlichen Gründen. Dem Arbeitgeber steht es insoweit frei, sich gegenüber dem Mitarbeiter mehr oder weniger großzügig zu zeigen, wenn er sich das leisten kann und will. Soweit es allerdings um die Privatnutzung von Dienstwagen geht, muss der Arbeitgeber auch stets berücksichtigen, ob der Mitarbeiter noch finanziell in der Lage ist, sich den geldwerten Vorteil des Dienstwagens leisten zu können, wenn der Dienstwagen an Stelle eines Widerrufes beim Mitarbeiter verbleibt.

Für einen Widerruf sind ganz unterschiedliche Fallgestaltungen aus dem Leben denkbar. In den allermeisten Situationen wird es sich um häufig wiederkehrende Regelfälle handeln, für die sich der Arbeitgeber eine bestimmte Vorgehensweise überlegt hat. Der Klassiker für die Entziehung des Dienstwagens ist sicherlich der Fall, in welchem dem Mitarbeiter die Fahrerlaubnis entzogen wird. Hier muss der Arbeitgeber schon aus Gründen einer strafrechtlichen Eigenhaftung tätig werden. Andere typische Fallgestaltungen können langfristige Erkrankungen oder Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters sein. Aber auch für die Elternzeit sowie für die Zeit nach dem Mutterschutz bestehen Möglichkeiten, die Überlassung des Dienstwagens für die Privatnutzung zu widerrufen. Denn nach Ablauf der Mutterschutzfrist darf das Fahrzeug nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte entzogen werden. Zudem ist auch die Frage zu klären, ob der Dienstwagen in der Freistellungsphase der Altersteilzeit entzogen werden kann. Denn vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien die Privatnutzung eines Dienstwagens, ohne einen Widerrufsvorbehalt oder eine andere Rücknahmemöglichkeit zu regeln, um den Vertrag an die Teilzeitsituation anzupassen, so gilt die Dienstwagenvereinbarung auch in der Freistellungsphase der Altersteilzeit.

Ferner kann auch das Nichterreichen eines fest definierten dienstlichen Nutzungsumfangs wie einer bestimmten Kilometergrenze einen Widerrufsgrund darstellen. Schließlich ist es denkbar, dass der Arbeitgeber einer Veränderung im beruflichen Umfeld des Mitarbeiters Rechnung tragen möchte. So kann ein Widerruf erfolgen, wenn der Mitarbeiter vom Außendienst in den Innendienst versetzt wird und für die neue Position kein Dienstwagen vorgesehen ist.

Noch längst nicht zu allen Fallgestaltungen gibt es eine arbeitsgerichtliche Rechtsprechung. In Verbindung mit der Coronakrise und eines damit zusammenhängenden Auftragsrückgangs war beispielsweise zu überlegen, ob ein Dienstwagen zurückzugeben ist, wenn der Mitarbeiter in Kurzarbeit geht. In der Praxis stellte sich meist heraus, dass man für diesen Fall keine angemessene vertragliche Vorsorge getroffen hatte.

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Widerrufsgründe sorgfältig regeln

Die einzelnen Widerrufsgründe sind bereits im Dienstwagen-Überlassungsvertrag möglichst genau zu erfassen und zu regeln. Es darf nicht übersehen werden, dass es sich bei der überwiegenden Zahl der Nutzungsvereinbarungen eben nicht um individuell ausgehandelte Vereinbarungen handelt, sondern um solche, die für eine Vielzahl von gleichgelagerten Fallgestaltungen formularmäßig vorbereitet worden sind. Für solche Formularverträge gilt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das bedeutet, dass sich der Dienstwagennutzer nur auf solche Widerrufsgründe einstellen kann, die ihm anlässlich der Fahrzeugüberlassung auch bekannt gegeben worden sind. Der Fahrzeugnutzer muss von vornherein wissen, unter welchen Voraussetzungen er das Recht auf Privatnutzung des Dienstwagens verliert oder allgemein die Nutzungsberechtigung für den Dienstwagen. Auch müssen Widerrufsgründe klar verständlich und möglichst transparent formuliert sein. Ungenauigkeiten gehen ebenso wie Unklarheiten zulasten des Verwenders, also letztlich des Arbeitgebers. Daher gilt: Formularvertraglich abgefasste Klauseln zum Widerruf der privaten Nutzung des Dienstwagens müssen so gestaltet sein, dass die Gründe für einen Widerruf benannt werden. Daher sind Klauseln, die dem Arbeitgeber ein jederzeitiges Widerrufsrecht ohne Angabe von Gründen zugestehen, als unwirksam anzusehen. Ein vertraglich festgelegter Widerruf aus „wirtschaftlichen Gründen“ genügt ohne nähere Erläuterung ebenfalls nicht den Anforderungen an die Transparenz (vgl. BAG, Urteil vom 13.04.2010, 9 AZR 113/09; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.11.2008, 2 Sa 1462/08 damit aufgehoben).

Auch das Rückgabeprozedere nicht vergessen…

Bei der Regelung der Widerrufsgründe sollte das Rückgabeprozedere nicht vergessen werden. Denn hier kann es im Zusammenhang mit der Beendigung von Leasingverträgen zu Überschneidungen kommen. Daher sollte auch das Vorgehen bei der Rückgabe des Fahrzeugs an den Arbeitgeber oder direkt an den Leasinggeber bzw. an einen vom Leasinggeber benanntes Autohaus geregelt werden. Wird hierzu nichts vereinbart, kann der Mitarbeiter dem Arbeitgeber das Fahrzeug auf den Hof stellen. Das gilt vor allem für zeitliche Abläufe. In einer aktuellen Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 18.02.2020 (Az. 5 Ga 11/20) hat das Gericht zur Herausgabe und Nutzung eines Dienstwagens klargestellt, dass eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe und Untersagung der Nutzung eines Dienstwagens nur dann in Betracht kommt, wenn der Arbeitgeber auf die sofortige Erfüllung so dringend angewiesen ist, dass er den Ausgang eines ordentlichen Klageverfahrens nicht abwarten kann. Die begründete Gefahr, dass eine wesentliche Wertminderung eintritt, sofern der Dienstwagen bei dem Schuldner verbleibt, kann dagegen allenfalls ein Grund für eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe eines Dienstwagens an einen Sequester (= "jemand, der amtlich mit der treuhänderischen Verwaltung einer strittigen Sache beauftragt ist", duden.de) sein.

Jedenfalls sollte man bei der Geltendmachung von Herausgabeansprüchen gegenüber dem Mitarbeiter nicht unnötig lange warten. Ein „langes Zuwarten“ liegt nämlich vor, wenn der Arbeitgeber in Kenntnis der Rechtsbeeinträchtigung längere Zeit untätig bleibt und seinen Anspruch nicht gerichtlich geltend macht. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber das Fahrzeug für einen anderen Mitarbeiter benötigt. Das ist bei der Gestaltung der Arbeitsabläufe im Fuhrparkmanagement also zu berücksichtigen.

 

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