Nach einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts Tübingen vom 03. Juni 2020 (Az. 16 OWi 14 Js 26095/19) muss der Betriebsinhaber seine Fahrzeuge zur Paketbeförderung mit geeigneten Mitteln zur Ladungssicherung ausstatten. In den beiden entschiedenen Fällen war die Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert, weil sie nicht rutschfest verstaut war. Die Entscheidung betrifft zwar nur die Branchen Logistik und Paketzustellung, hat jedoch auch darüber hinaus allgemeine Bedeutung für die Ladungssicherung im Fuhrpark.
Auf einen Blick:
Um die Ladungssicherung im Fahrzeug ordnungsgemäß zu ermöglichen, ist der Fahrzeughalter dafür verantwortlich, geeignete Sicherungsmittel zur Verfügung zu stellen. Halter ist die (juristische) Person, auf die das Fahrzeug zugelassen ist. Bei betrieblicher Nutzung ist das meist das Unternehmen oder der Fuhrparkverantwortliche. Ohne ausreichende Sicherung der Ladung darf die Nutzung des Fahrzeugs nicht gestattet werden. Zur Ladungssicherung können beispielsweise rutschfeste Matten, Ankerschienen oder Sperrstangen, Transportnetze oder Seitenwände und Regale mit entsprechender Absicherung eingesetzt werden.
Der Fall: Das könnte auch Ihnen passieren
In dem vom Amtsgericht Tübingen entschiedenen Fall ging es um Folgendes: Ein Transportunternehmen (GmbH) hatte Transporterfahrzeuge geleast und angestellten Fahrern überlassen, um Pakete auszuliefern. Im Rahmen von Polizeikontrollen wurde bei zwei Fahrzeugen festgestellt, dass sich in den Laderäumen der beiden Fahrzeuge lediglich die werksseitig gelieferten Bodenmatten befanden. Sonst gab es keinerlei anderweitige Sicherungsmittel für die Ladung. In den Laderäumen lagen verstreut mehrere Päckchen und Pakete „wild beladen“ ohne erkennbare Sicherung auf dem Innenboden und konnten verrutschen. Die Polizei fertigte Fotos vom Inneren der Transportfahrzeuge an. Wegen beider Verstöße erließ die Bußgeldbehörde gegen den für den Fuhrpark verantwortlichen GmbH-Geschäftsführer zwei Bußgeldbescheide über jeweils 270,00 Euro, gegen die Einspruch beim Bußgeldrichter erhoben wurde.
Die Verantwortung für die Fahrzeugausstattung liegt beim Halter
Die Entscheidung ist fuhrparkrelevant, weil der Fuhrparkverantwortliche im Rahmen seiner Halterpflichten für eine ordnungsgemäße Ladungssicherung sorgen muss. Der Halterverantwortliche muss dafür sorgen, dass die Ausstattung zur Ladungssicherung dem Einsatzzweck der Fahrzeuge im Fuhrpark entspricht. Dies muss er überprüfen und – bei unzureichender Ausstattung – die Einrichtungen zur Ladungssicherung an die konkreten Nutzungsanforderungen anpassen und ggf. nachrüsten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die werksseitig gelieferte Fahrzeugausstattung hinter den Anforderungen der Ladungssicherung für die konkreten Transportzwecke zurückbleibt. Vom Fahrzeughalter und Arbeitgeber ist zu erwarten, dass er den Mitarbeitern die notwendigen Sicherungsmittel in ausreichender Zahl zur Verfügung stellt.
Deshalb hat das Amtsgericht in der unzureichenden Ausrüstung der Fahrzeuge mit Ladungssicherungstechnik eine eigene, dem Fahrzeughalter anzulastende Pflichtverletzung gesehen. Der halterverantwortliche Geschäftsführer hatte sich vorliegend nicht ausreichend darum gekümmert, seinen Fahrern die nötigen Sicherungsmittel zur Verfügung zu stellen. Die Verantwortung für die Fahrzeugausrüstung und die Ausstattung eines Fahrzeugs mit Sicherungseinrichtungen liegt deswegen beim Fahrzeughalter und nicht beim angestellten Fahrer. Es kann daher auch nicht sein, dass angestellte Fahrer selbst Transportnetze, Anti-Rutschmatten oder gar Ladewände beschaffen und in die Fahrzeuge einbauen müssen. Von den Mitarbeitern kann allerdings erwartet werden, dass sie vorhandene Ladungssicherungsausstattung nach entsprechender fachlicher Unterweisung benutzen.
Wer ist der Fahrzeugverantwortliche für die Ladungssicherung?
Nach Paragraf 31 Abs. 2 StVZO darf der Halter die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs nicht zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass die Ladung nicht vorschriftsmäßig ist. Halter eines Fahrzeugs ist - grundsätzlich unabhängig von der Eigentümerstellung - derjenige, der das Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die tatsächliche Verfügungsgewalt innehat, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Unabhängig davon, dass eine juristische Person als Halter im Fahrzeugregister eingetragen sein mag, trifft die Halterhaftung nach Paragraf 31 StVZO auch natürliche Personen. Das bedeutet innerhalb einer juristischen Person auch diejenige natürliche Person, welche die Verantwortung für das Fahrzeug übernommen hat. Dabei können auch mehrere Personen - wie eine GmbH und ihr Geschäftsführer - nebeneinander Halter sein.
Das Gericht verurteilte den GmbH-Geschäftsführer als Halter, weil dieser für den Fuhrpark des Unternehmens verantwortlich war. Dieser stand vorliegend in der Halterverantwortung für die Ladungssicherung der Transportfahrzeuge, weil er sich um die Anschaffung und Finanzierung der Fahrzeuge ebenso kümmerte wie um die Zuweisung der Fahrzeuge an die einzelnen Zusteller. Neben der Einteilung der Fahrer für bestimmte Auslieferungsbezirke kontrollierte der Geschäftsführer auch selbst „ab und zu“ die Ladung am Betriebssitz. Im Verfahren räumte er ein, dass er früher auch Zwischenwände aus Holz und Schienen genutzt hätte; beides hätte jedoch zu „Problemen“ bei den Fahrern geführt, weil sich diese regelmäßig daran verletzt hätten. Für die kleinen Transporter gebe es seiner Ansicht nach auch keine geeigneten Ladungssicherungsmittel. Er sorge jedoch dafür, dass die Fahrer regelmäßig hinsichtlich der Verwendung von Netzen zur Ladungssicherheit geschult würden.
Das Gericht nahm bereits aufgrund dieser Einlassung eine Mitverantwortung für die Fahrzeuge und ihre Ausstattung an. Der Geschäftsführer hätte als verantwortlicher Betriebsinhaber und Fahrzeugverantwortlicher dafür sorgen können und müssen, dass in den Fahrzeugen entsprechende Ladungssicherungsmittel enthalten sind, die gewährleisten, dass die Fracht auch bei einer Bremsung oder einer Ausweichbewegung sicher an Ort und Stelle liegen bleibt.
Der Betroffene hätte als Betriebsinhaber auch erkennen können, dass es entsprechende Systeme für die Fahrzeuge gibt. Da der betroffene Geschäftsführer es schon mit Holztrennwänden und Schienen versucht habe, ging das Gericht davon aus, dass ihm die Problematik der Ladungssicherung sehr wohl bekannt war. Dafür sprach auch, dass er bereits erfolglos nach Sicherungsmitteln gesucht habe. Das Gericht war der Auffassung, dass der Halterverantwortliche seine Bemühungen noch hätte verstärken müssen und er dann auf die Sicherungsmittel gestoßen wäre, die auch der Sachverständige genannt hatte. Obwohl am Markt Sicherungsmittel für alle gängigen Transportfahrzeuge zur Verfügung stünden, wurden vorliegend keine davon eingesetzt.
Keine wirksame Ausrede bot hier übrigens der Hinweis, dass der Geschäftsführer nicht mitbekommt, was auf den täglichen Fahrten mit der Ladung geschieht. Das mag tatsächlich so sein, führt aber in rechtlicher Hinsicht nicht dazu, dass deswegen allein die Fahrer für die Ladung verantwortlich sind.
Dies alles wertete das Gericht dahingehend, dass der Geschäftsführer als verantwortlicher Fahrzeughalter im Sinne des Paragraf 31 Abs. 2 StVZO anzusehen ist und daher für Verstöße gegen die Ladungssicherung haftet.
Ladungssicherung: Welche Regeln gelten?
Paragraf 22 StVO soll Gefahren durch die Ladung für Fahrzeuginsassen oder andere Verkehrsteilnehmer ausschließen. Nach Paragraf 22 Abs. 1 Satz 2 StVO sind bei der Ladung die anerkannten Regeln der Technik zu beachten wie die Regelungen der Richtlinie VDI 2.700 Blatt 16.7.3. Dies ist in erster Linie eine Spezialvorschrift für Kurier-, Express- und Paketbeförderungen. Sie wird aber auch darüber hinaus für die Beurteilung der Ladungssicherung herangezogen. Die VDI-Richtlinie geht davon aus, dass die Ladung bei solchen Fahrten gesichert ist, wenn ein für Stückgut geeignetes Fahrzeug verwendet wird und Stückgut bis zu einer Bremsung von 9 m/s² oder einem Ausweichmanöver bis 5 m/s² sicher am Platz liegen bleibt.
Das Gericht hatte einen Sachverständigen damit beauftragt, die o. g. anerkannten Regeln der Ladetechnik darzustellen und danach die Ladung, wie auf den polizeilichen Lichtbildern gezeigt, zu begutachten. In seinem Gutachten kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Ladung erkennbar nicht hinreichend gegen Verrutschen gesichert sei. Durch die große, geschlossene Ladefläche befand der Gutachter das Fahrzeug grundsätzlich zum Transport von Paketen geeignet. Die Insassen seien durch eine starke Stirnwand davor geschützt, dass die Ladung bei einer starken Bremsung in den Fahrgastraum gelangen könne. Allerdings wurden im vorliegenden Fall die Vorgaben der VDI-Richtlinie 2.700 nicht eingehalten, weil die meisten der lose verladenen Pakete bei den genannten Beschleunigungswerten nicht am Platz verbleiben könnten. Auch die Rutschmatten in dem Fahrzeug allein böten nicht genügen Rutschfestigkeit.
Zur Erreichung der von der VDI-Richtlinie geforderten Rutschfestigkeit gebe es zahlreiche Hilfsmittel, die zur Ladungssicherung eingesetzt werden könnten. Hierzu gehören:
- besondere, rutschfeste Matten
- Ankerschienen mit horizontal und vertikal einsetzbaren Sperrstangen
- Transportnetze verschiedener Art, mit deren Hilfe man die Ladefläche horizontal in unterschiedliche Ebenen teilen kann. Aufwendigere Varianten legen sich beim Öffnen und Schließen der Ladetüren sogar nahezu selbsttätig über das Stückgut.
- Daneben können Seitenwände/ Regale eingebaut werden. Diese verfügen z. B. über fünf Zentimeter hohe Kanten und eine Rutschschutzmatte.
All diese allgemein auf dem Markt erhältlichen Hilfsmittel sind geprüft und halten Stückgut bis zu einer Bremsung von 9 m/s² oder einem Ausweichmanöver bis 5 m/s² sicher am Platz. Ihr Platzbedarf ist zu vernachlässigen.
Vorliegend war die Ladung nach den Feststellungen des Sachverständigen jedoch nicht einmal formschlüssig von der Stirnwand bis zur hinteren Tür verstaut. Eine Gefahr für die Insassen oder andere Verkehrsteilnehmer habe aber auch bei der vorliegenden „wilden“ Beladung nicht bestanden, denn selbst bei einer Vollbremsung hätte die Stirnwand die Pakete zurückgehalten. Beschädigungen der Ladung und der Stirnwand seien aber durchaus möglich, während ein Aufschaukeln des Fahrzeugs oder gar ein Umkippen aus sachverständiger Sicht nicht drohte.
„Nicht anbohren“ – Leasing versus Ladungssicherung?
Der Halterverantwortliche kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er in den Fahrzeugen keine Sicherungsmaßnahmen ergreifen könne, weil sie geleast seien. Eine solche Ausrede hilft nicht weiter. Ein Leasingnehmer weiß regelmäßig schon vor Abschluss des Leasingvertrags, wofür das Leasingfahrzeug künftig eingesetzt werden soll. Diese Einsatzzwecke sollten auch aus anderen Gründen in den Leasingvertrag aufgenommen werden. Dementsprechend kann der Leasingnehmer schon im Vorfeld des Leasingabschlusses beim Verkäufer auf eine entsprechende Fahrzeugausrüstung zur Ladungssicherung hinwirken. Denn es kann auch nicht im Sinne des Leasinggebers sein, ein Fahrzeug zu finanzieren, mit dem später gar kein vorschriftsmäßiger Geschäftsbetrieb möglich ist.
Ein Wort zur Bußgeldhöhe
Der Betroffene hatte als Halter die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs angeordnet, obwohl er wissen konnte, dass die Ladung nicht vorschriftsmäßig war, und sich deshalb entgegen der Paragrafen 31 Abs. 2, 69a Abs. 5 Nr. 3 StVZO ordnungswidrig verhalten. Das Amtsgericht verurteilte den für den Fuhrpark verantwortlichen GmbH- Geschäftsführer deshalb in zwei Fällen wegen des fahrlässigen Zulassens der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs unter Verstoß gegen die Ladungsvorschriften zu einer Geldbuße von jeweils 50,00 Euro. Damit wurden die beiden Bußgeldbescheide über jeweils 270,00 Euro praktisch abgeändert. Außerdem musste dieser die Verfahrenskosten (einschließlich der Sachverständigenkosten!) tragen. Auch wenn die Bußgelder hier überschaubar blieben, weil keine „wesentliche“ Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit vorlag, ist das Vernachlässigen der Ladungssicherung jedoch kein „Kleinkram“.
Die ordnungsgemäße Sicherung der Ladung bedeutet nur einen kleinen, aber eben doch einen gewissen zusätzlichen Aufwand. Bereits bei der Ausstattung der Fahrzeuge muss der Halter investieren. Außerdem muss der Fahrer bei Netzen oder Ankerschienen selbst Hand anlegen. Dabei liegt es auch auf der Hand, dass das Unterlassen der Sicherung bequemer ist und Zeit spart. Das Gericht hielt es deshalb für nicht hinnehmbar, dass sich Zustellbetriebe auf Kosten der Verkehrssicherheit - wenn auch nur geringe - Vorteile sichern oder dies auch nur versuchen.
Bei bußgeldbewehrten Verkehrsverstößen ist nach Paragraf 24 Abs.2 StVG eine Geldbuße bis 2.000,00 Euro vorgesehen. Während es für die „wesentliche“ Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit einen eigenen Tatbestand im Bußgeldkatalog (Ziffer 189.2.1 BKAtV) gibt, ist ein einfacher Verstoß des Halters gegen die Ladung nicht im Bußgeldkatalog enthalten. Das bedeutet aber keineswegs, dass einfache Verstöße gegen die Ladungssicherung nicht bußgeldbewehrt sind. Vielmehr hat sich das Gericht deshalb an vergleichbaren anderen Geldbußen im Bußgeldkatalog orientiert. Bei Lastkraftwagen sieht Ziffer 102 BKatV für den Verstoß gegen die Ladungsvorschriften des Fahrzeugführers eine Regelbuße von 60,00 Euro vor. Ein Verstoß gegen vorgeschriebene Ladungssicherungsmittel wird in Ziffer 106 BKatV mit 25,00 Euro geahndet.
Vorliegend hat das Gericht das persönliche Verschulden des Halterverantwortlichen geringer gewertet als den Verstoß eines (geschulten) Lkw-Fahrers. Daher erschien dem Gericht insgesamt bei dem zwar nicht einschlägig, aber eben deutlich vorbelasteten Betroffenen eine Geldbuße von 50,00 Euro je Fall angemessen, aber auch ausreichend, um den Verstoß zu sanktionieren.
Auf Aktualität geprüft am 01.07.2024