Den Dienstwagen auf den Fahrer zulassen?

Die Wahrnehmung von Halterpflichten und die Erledigung von Halteraufgaben ist – jedenfalls auf den ersten Blick – eine originäre Aufgabe des Fuhrparkmanagements. Durch die Rechtslupe betrachtet, ist diese Aussage richtig, aber auch falsch. Vielfach wird in diesem Zusammenhang kolportiert, das Fuhrparkmanagement stünde deswegen „mit einem Bein im Knast.“ Auch diese Aussage ist gleichermaßen richtig und falsch. Es mag daher kaum verwundern, dass Fuhrparkmanager beim Umgang mit der Halterverantwortung von falschen Voraussetzungen ausgehen und dann zu scheinbar naheliegenden, aber im Ergebnis nicht sachgerechten Lösungen kommen. Eine naheliegende Lösung, um der unliebsamen Halterhaftung in Fuhrparkmanagement zu entgehen, soll es deswegen sein, das Fahrzeug direkt auf den dienstwagenberechtigten Fahrer zuzulassen. Immerhin ist er es, der ständig mit dem Fahrzeug dienstlich und privat unterwegs ist und häufig allein Zugriff darauf hat. Die Annahme, mit der Zulassung auf den Fahrer ein Allheilmittel für Probleme mit der Halterhaftung gefunden zu haben, ist richtig – und leider zugleich grundfalsch.

Auf einen Blick:

Es mag naheliegen, den Dienstwagen direkt auf den Fahrer zuzulassen, sodass dieser sämtliche Halterpflichten erfüllen muss und der Arbeitgeber keine Mühe damit hat. Per Gesetz ist nicht geregelt, wer Fahrzeughalter ist, weshalb die Rechtsprechung den Halterbegriff ausgestaltet hat. Halter ist demnach derjenige, der für die Kosten rund um das Fahrzeug aufkommt und die Verfügungsgewalt darüber hat. Entsprechend kann, selbst wenn das Fahrzeug auf den Fahrer zugelassen werden würde, der Fahrer nicht alleiniger Halter sein, schließlich entscheidet der Arbeitgeber, wie der Fahrer das Arbeitsmittel „Fahrzeug“ (nicht) nutzen darf.

Wird ein Fahrzeug geleast, ist der Arbeitgeber in aller Regel der Leasingnehmer und entsprechend in den Fahrzeugpapieren als Halter eingetragen. Es ist zwar möglich, dass der Mitarbeiter das Fahrzeug least und der Arbeitgeber die Kosten erstattet, doch enthebt diese Konstellation den Arbeitgeber nicht aus der Halterverantwortung. Es ist möglich, dass mehrere Personen gleichzeitig Halter eines Fahrzeugs sind, dann hat jede Person die Halterverantwortung und kann haftbar gemacht werden. Dokumentationen über die Erfüllung der Halterpflichten können im Schadenfall bei der Klärung der Haftungsfrage helfen, damit die richtige(n) Person(en) zur Rechenschaft gezogen werden.

Ausgangspunkt: Halterhaftung

Wenn es um die Haftung im Fuhrpark geht, kommt sofort die Bestimmung des Paragrafen 7 Straßenverkehrs-Gesetz (StVG) in den Blick. Diese Vorschrift regelt die Halterhaftung:

Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“ (§ 7 Abs.1 StVG)

Wer der Halter eines Kraftfahrzeugs ist, regelt die Vorschrift jedoch nicht. Nach einer gesetzlichen Definition kann man lange suchen: es gibt sie nicht.

Die Rechtsprechung hat den Halterbegriff daher näher ausgefüllt. Bereits Mitte der 1950 er Jahre hatte der Bundesgerichtshof (BGH) darüber zu entscheiden, ob derjenige als Halter eines Kraftfahrzeugs anzusehen ist, dem das amtliche Kennzeichen zugeteilt wurde. Der BGH gelangte in seiner Entscheidung (Urteil vom 29.05.1954, Az. VI ZR 111/53) zu folgendem Ergebnis:

„Wer Halter eines Kraftfahrzeugs ist, bestimmt sich nicht danach, wem das amtliche Kennzeichen zugeteilt ist; Halter ist vielmehr, wer das Kraftfahrzeug für eigene Rechnung im Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Dies können auch mehrere Beteiligte zugleich sein.“

Diese Betrachtung bezieht sich also auf die tatsächliche Rechtsstellung, nicht aber darauf, wer im Fahrzeugregister und in den Fahrzeugpapieren als Halter eingetragen ist. Die Eintragung des Dienstwagenberechtigten als Halter in Register und Papieren führt also keineswegs zwingend dazu, dass der Fahrzeugnutzer künftig allein in der Halterverantwortung stünde. Die Zulassung des Fahrzeugs auf einen bestimmten Halter in den Papieren ist insoweit nur eins von mehreren Kriterien für die Begründung der Haltereigenschaft. Die Zulassung des Dienstwagens auf den Fahrer führt also nicht dazu, dass das Fuhrparkmanagement bei der Halterhaftung aus dem Schneider wäre.

Dies ist nur vermeintlich eine „gute“ Lösung. Genau genommen ist dies weder eine gute Idee noch irgendein funktionierender Trick, um aus der Halterverantwortung entfliehen zu können.

Eintragungen in Fahrzeugpapieren haben Indizwirkung

Die Eintragung einer Person in den Kraftfahrzeugpapieren ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für die Haltereigenschaft. Sie kann durchaus – vor allem bei ungeklärten Verhältnissen – ausschlaggebende Bedeutung haben. Denn der Gesetzgeber misst den im Fahrzeugregister enthaltenen Eintragungen bei der Halterbestimmung erhebliches Gewicht bei.

Es gibt eine Reihe von Bestimmungen im StVG, die nahe legen, dass der Fahrzeughalter mit demjenigen identisch ist, dem ein Kennzeichen für das Fahrzeug zugeteilt oder ausgegeben wird. Jedenfalls wird die erstmalige Zulassung in aller Regel auf den Halter zu erfolgen haben (BVerwG, Urteil vom 20.02.1987, Az. 7 C 14.84). Dies ist auch deshalb sinnvoll, weil das Straßenverkehrsrecht nahezu alle aus der Zulassung und dem Betrieb eines Fahrzeugs folgenden Pflichten ausdrücklich dem Halter auferlegt. Dennoch schließt dies nicht aus, dass nachträglich infolge einer Änderung der tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Haltereigenschaft vom Zulassungsinhaber auf einen anderen Verantwortlichen übergehen kann.

Wer bestimmt, der haftet auch

Maßgeblicher Ausgangspunkt der Halterhaftung ist insoweit das Veranlassen des Inverkehrbringens einer potenziell gefährlichen Sache. Klar ist, dass es bei der erlaubten Nutzung eines Fahrzeugs im Straßenverkehr zu nicht unerheblichen (Unfall-)Schäden an Sachen und von Personen kommen kann. Deswegen ist es auch vollkommen richtig, bei Halterverantwortung und -pflichten an eben diese tatsächliche Herrschaft über das Fahrzeug anzuknüpfen. Halter eines Fahrzeugs ist deshalb diejenige Person, die tatsächlich über die Fahrzeugbenutzung verfügen kann - d. h. Anlass, Ziel und Zeit seiner Fahrten selbst bestimmt. Wie die zivilrechtliche Eigentumslage ist und wer die Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug bezahlt, sind für die Bestimmung der Haltereigenschaft nur von untergeordneter Bedeutung.

Somit steht regelmäßig zuallererst das Unternehmen in der Halterverantwortung, welches das Fahrzeug angeschafft hat und den Fuhrpark unterhält. Halterverantwortlich ist damit primär die Geschäftsleitung des Unternehmens.

Wer sich als Geschäftsführer oder Vorstand nicht selbst um jedes einzelne Fahrzeug und die Fahrer kümmern kann, sollte beispielsweise die mit der Halterhaftung verbundene Pflicht zur Führerscheinkontrolle auf (unternehmensinterne oder -externe) zuverlässige und sachkundige Dritte übertragen. Dies geschieht üblicherweise im Rahmen einer vertraglichen Regelung, die mitunter nur als mündliche Absprache getroffen wird, besser jedoch schriftlich abgefasst sein sollte.

Bei näherem Hinsehen ist die Halterhaftung also keine originäre Aufgabe des Fuhrparkmanagements, sondern nur eine abgeleitete und übertragene Aufgabe. Deswegen sollte man darauf achten, dass eine Delegation von Aufgaben an das Fuhrparkmanagement und von dort gegebenenfalls weiter auf den Fahrzeugnutzer wirksam geregelt und kontrolliert wird.

Keine Zulassung auf den Mitarbeiter beim Leasing?

Bei Leasingfahrzeugen dürfte die Zulassung des Fahrzeugs auf den dienstwagenberechtigten Mitarbeiter ohnehin selten bis gar nicht funktionieren. Denn regelmäßig ist der Arbeitgeber der Leasingnehmer. Deshalb legen Leasingbanken und -gesellschaften als Leasinggeber großen Wert darauf, dass regelmäßig auch der Leasingnehmer (das Unternehmen = der Arbeitgeber) in den Fahrzeugpapieren des Leasingfahrzeugs als Halter eingetragen wird. Eine andere Lösung findet man nur, wenn der Mitarbeiter seinen Dienstwagen praktisch selbst least und der Arbeitgeber ihm die Kosten hierfür erstattet. Ansonsten dürfte in der Praxis die Möglichkeit, das Fahrzeug auf den Mitarbeiter zuzulassen, häufig nur in Kaufkonstellationen möglich sein. Einen Ausweg aus der Halterverantwortung und den Halterpflichten bietet dieses Vorgehen aber in keinem Fall.

Mehrere Halter stehen nebeneinander

Um die Halterverantwortung und die daraus resultierenden Halterpflichten sachgerecht zu regeln, muss man zuerst die notwendige Grundlage anerkennen: Es können durchaus mehrere Personen zugleich Halter desselben Fahrzeugs sein. Insoweit hat der Tenor der BGH-Entscheidung aus dem Jahre 1954 auch heute immer noch Gültigkeit (vgl. z. B. VG Arnsberg, Urteil vom 11.05.2015, Az. 7 K 885/14).

Der BGH hat im Jahre 1954 das Fundament für einen Halterbegriff gelegt, der auch den Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens noch immer gerecht wird. Zwar waren seinerzeit Geschäftsmodelle wie Leasing und Carsharing ebenso unbekannt wie die heute weit verbreitete Überlassung von Dienstwagen mit dem Recht zur umfassenden Privatnutzung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Mit der Definition des BGH kann man aber auch heute noch gut arbeiten.

Auswirkungen hat dies jedenfalls bei der Gestaltung von Dienstwagen-Überlassungsverträgen, bei denen Halterpflichten auf den Mitarbeiter als Fahrzeugnutzer übertragen werden. Selbst bei regelmäßigen stichprobenartigen Kontrollen bleibt das Fuhrparkmanagement jedoch stets neben dem Fahrzeugnutzer in der Halterverantwortung. Ob diese Verantwortung im Schadenfall auch zu einer Haftung des Fuhrparkmanagements als weiterem Halter führt, ist dann eine Frage des Einzelfalls und des (entlastenden) Nachweises von Kontrollen. Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser. Ein protokollierter Kontrollnachweis am besten.

Wer den Kontrollnachweis nicht erbringen kann, bleibt haftungstechnisch zusammen mit dem dienstwagenberechtigten im gleichen Boot sitzen. Wer über Varianten einer Mitarbeiterbeteiligung an der Haftung nachdenkt, mag vielmehr überlegen, ob nicht der Mitarbeiter seinen Versicherungsrabatt in den Versicherungsvertrag für den auch privat genutzten Dienstwagen mit einbringt. Das ist eine versicherungstechnische Lösung, die wenigstens funktioniert. An der Halterhaftung ändert aber auch sie nichts.

Haftungsfolgen: Wenn der Fahrer zugleich der Mit-Halter ist

Das Straßenverkehrsgesetz differenziert zwischen Halter und Fahrer. Neben der Halterhaftung nach Paragraf 7 StVG regelt es auch die Haftung des Fahrzeugführers nach Paragraf 18 StVG: In den Fällen der Halterhaftung ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Die Besonderheit seiner Haftung besteht jedoch darin, dass er sich vom Vorwurf des Verschuldens entlasten kann. Kann der Fahrer nachweisen, dass der Schaden nicht durch sein Verschulden verursacht worden ist, so ist ein Anspruch gegen ihn nicht begründet. Kleiner Pferdefuß: Wer als Fahrer zugleich Halter im Rechtssinne ist, kann sich nicht auf fehlendes Verschulden berufen.

 

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