Müssen die Führerscheine von (E-) Rollerfahrern kontrolliert werden? Die Frage ist, um das Ergebnis vorwegzunehmen, mit einem ganz klaren „Ja, aber selbstverständlich“ zu beantworten. Entscheidend ist, dass erstens das Unternehmen bzw. der Arbeitgeber Halter des E-Rollers ist und zweitens, dass der überlassene E-Roller fahrerlaubnispflichtig ist. Ist dies der Fall, dann muss das Fuhrparkmanagement auch die Führerscheine der Nutzer kontrollieren, wenn ein dienstlich gestellter E-Roller durch Mitarbeiter genutzt werden soll.
Inhaltsverzeichnis:
- Führerscheinkontrolle bei Rollerfahrern das gibt's doch nicht, oder?
- Im Fokus: Fahrerlaubnisklasse AM
- Die Vehikel der Fahrerlaubnisklasse AM im Überblick
- Nicht betroffen: Elektro-Kleinstfahrzeuge
- Trunkenheitsfahrten mit E-Rollern
- Fazit: Mehr als nur Führerscheinkontrolle
Auf einen Blick:
Wenn das Unternehmen Halter des (E-)Rollers und dieser fahrerlaubnispflichtig ist, ist eine Führerscheinkontrolle bei der Überlassung an den Mitarbeiter erforderlich. Die erforderliche Fahrerlaubnisklasse ist die Klasse AM. Diese beinhaltet leichte zweirädrige Kleinkrafträder der Klasse L1e-B (Mopeds, Roller und Mokicks), dreirädrige Kleinkrafträder (Minitrikes) sowie leichte vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge (Miniquads, Minicars).
Ausgenommen von dieser Regelung sind fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge nach Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV).
Den Fall gibt’s doch gar nicht?
Oder doch? Motorisierte Zweiradfahrer sind in Fuhrparks zwar immer noch Exoten, aber in bestimmten Branchen vermehrt anzutreffen, insbesondere, wenn es um die Vorteile der Leichtigkeit und Schnelligkeit des motorisierten – oder elektrifizierten – Zweiradverkehrs geht:
- Kurierfahrer,
- Lieferanten von Schnellimbissen und Pizzaboten,
- Medikamentenkuriere,
- Mitarbeiter des Ordnungsamtes im Außendienst,
- Motorradpolizisten und Polizeibeamte im Außendienst,
- mobile Pflegekräfte für die Pflege daheim sowie Pannenhelfer und Staulotsen der Verkehrsvereine.
Im Fokus: Fahrerlaubnisklasse AM
Noch längst nicht jeder Mitarbeiter verfügt über eine „eigenständige“ Zweiradfahrerlaubnis, sodass er die Fahrerlaubnis nach bestandener theoretischer und praktischer Zweiradprüfung erhalten hat. Das ist regelmäßig überwiegend bei Motorradfahrern der Fall. So kann die Fahrerlaubnis der Klasse AM darüber hinaus auch separat ab 16 Jahren erworben werden. In den weitaus meisten Fällen wird inzwischen aber die Fahrerlaubnis für ein Zweirad bestimmter Leistungsklassen mit dem Pkw-Führerschein der Klasse B automatisch „mitgeliefert“: dies ist die Fahrerlaubnisklasse AM nach Paragraf 6 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Fuhrparkleiter müssen dies deshalb bei der Führerscheinkontrolle „auf dem Schirm“ haben.
Die Fahrerlaubnisklasse AM im Überblick
Fahrerlaubnisklasse | Fahrzeugdefinition | Beispiel |
Klasse AM |
Leichte zweirädrige Kleinkrafträder der Klasse L1e-B mit
|
Mopeds, Roller oder Mokicks |
Dreirädrige Kleinkrafträder der Klasse L2e mit
|
Minitrikes | |
Leichte vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge der Klasse L6e mit
|
Miniquads, Minicars |
Nicht angesprochen: Elektro-Kleinstfahrzeuge
Nicht angesprochen sind hier die Nutzer von fahrerlaubnisfreien Elektro-Kleinstfahrzeugen nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV). Hierunter fallen Kraftfahrzeuge, die einen elektrischen Antrieb und eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 6 bis 20 km/h haben (Paragraf 1 Abs. 1 eKFV), deren Gewicht (ohne Fahrer) unter 55 kg liegt; selbstbalancierte Fahrzeuge (wie z. B. Segway) gehören auch hierzu.
Für die Elektro-Kleinstfahrzeuge ist für den Betrieb auf öffentlichen Straßen nur eine klebbare Versicherungsplakette sowie eine Betriebserlaubnis erforderlich, die häufig bereits herstellerseitig beim Kraftfahrtbundesamt als „allgemeine Betriebserlaubnis“ (ABE) beantragt wird. Daneben wird eine Fahrzeug-Identifizierungsnummer und ein Fabrikschild (Paragraf 2 eKFV)
Auch Trunkenheitsfahrten mit Elektroroller haben Konsequenzen
Das Führen von Elektrorollern kann bei Verkehrsverstößen Folgen für Fahrerlaubnis haben. So hat das Verwaltungsgericht München in einer Entscheidung aus dem Jahre 2004 (Beschluss vom 13.08.2004, Az. M 6a S 04.3680) deutlich gemacht, dass auch eine Alkoholfahrt im öffentlichen Straßenverkehrsraum auf einem Elektroroller mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,79 Promille Konsequenzen für Fahrerlaubnis und Führerschein haben kann. In der Entscheidung ging es um die Entziehung der Fahrerlaubnisse der Klassen B, BE, C1 und C1E.
Nicht geholfen hat dem Betrunkenen die Ausrede, er habe lediglich eine Wegstrecke von acht Metern von einer Gaststätte zu seinem Hauseingang mit einem Kinderroller mit (an diesem Tag nicht funktionsfähigem) Elektromotor zurückgelegt, wobei er „nach Kinderart“ den Roller nicht schneller als 4-5 km/h bewegt habe, während er zwischen „den Leuten“ durchgefahren sei, wobei er möglicherweise ein anderes Kraftfahrzeug berührt habe.
Das Verwaltungsgericht führte aus, dass die Trunkenheitsfahrt mit einem Elektroroller mit einer BAK von 1,79 Promille bzw. 1,7 Promille am 28. August 2004 unter Paragraf 13 Nr. 2c FeV fällt. Fahrzeuge in diesem Sinne sind nämlich nicht nur Kraftfahrzeuge, sondern Fahrzeuge jeder Art, die zur Beförderung von Personen oder Sachen dienen und am Verkehr auf der Straße teilnehmen. Darunter ist auch ein „Kinderroller“ bzw. „Messeroller“ zu zählen, unabhängig davon, ob am Tag des Vorfalls der Elektromotor betriebsbereit war oder nicht. Es ist auch rechtlich unerheblich, dass damit nach eigenen Angaben nur acht Meter weit gefahren wurde. Nach dem Urteil des Amtsgerichts stehe eindeutig fest, dass sich der Rollerfahrer erheblich alkoholisiert auf öffentlichem Verkehrsgrund mit dem Roller fortbewegt hat; die Blutalkoholkonzentration betrug mehr als 1,6 Promille. Daher hatte die Behörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Frage der Fahreignung zu verlangen.
Da die Behörde zu Recht die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vom Rollerfahrer gefordert und dieser das MPU-Gutachten nicht vorgelegt hat, konnte die Behörde nach Paragraf 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen. Es war daher zwingend, d. h. ohne dass diesbezüglich ein Ermessen auszuüben war, gemäß Paragraf 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. Paragraf 46 Abs. 1 Satz 1 FeV wegen Nichteignung die Fahrerlaubnis zu entziehen.
In jedem Falle: Mehr als nur Führerscheinkontrolle nötig…
Bedeutsam ist insoweit jedenfalls auch eine entsprechende Unterweisung von Zweiradfahrern. Vor allem dann, wenn Mitarbeiter mit der Fahrerlaubnis Klasse B nun ein Fahrzeug der Klasse AM erhalten sollen, dies aber zuvor noch nie bedient haben. Hier muss das Fuhrparkmanagement für die entsprechende Unterweisung sorgen, notfalls nach einer Fahrprobe oder einer zusätzlichen praktischen Fahrstunde in einer Fahrschule. Hierzu gehört auch der Hinweis auf die Notwendigkeit des Tragens der nötigen Schutzbekleidung wie z. B. einen Helm.