In stressigen Situationen kann es schnell passieren, dass man die Zapfhähne an der Tankstelle verwechselt und beispielsweise Benzin statt Diesel tankt. Auch bei unbekannten Fahrzeugen, wie einem Leihwagen, oder eben auch dem Firmenfahrzeug kann es leicht zur Falschbetankung kommen. Wir erklären, was zu tun ist, wenn Sie falsch getankt haben und welche Kosten Sie erwarten. Außerdem beantworten wir, ob die Versicherung für eine Falschbetankung aufkommt und was zu tun ist, wenn Sie im Ausland den falschen Kraftstoff tanken.
Falsch getankt. Was nun?
Experten raten, beim Tanken des falschen Kraftstoffes den Motor nicht zu starten, sondern den Abschleppdienst zu rufen, um den falschen Kraftstoff bei der nächsten Werkstatt abpumpen zu lassen. Es gibt jedoch Fälle, in denen eine umsichtige Fahrweise ausreicht und man nicht gleich zu Maßnahmen wie Abpumpen oder Reparatur greifen muss.
Welcher Kraftstoff ist der Richtige?
In der Regel befindet sich im Tankdeckel des Fahrzeugs ein Hinweis darauf, welcher Kraftstoff geeignet ist.
Abb.: Falsch getankt - Übersicht nach Kraftstoffen (eigene Darstellung, LapID Service GmbH)
Szenario 1: Benzin statt Diesel getankt
Ein Dieselmotor ist feinfühlig und reagiert nicht gut auf Super. Wird Benzin in ein Dieselfahrzeug getankt und der Motor gestartet, ist in der Regel der Austausch des Einspritzsystems nötig. Hierzu zählen auch die Hochdruckpumpe, Injektoren, Kraftstoffleitungen sowie der Tank. Benzin wischt den Diesel-Schmierfilm ab, der für die Motorfunktion wichtig ist und im System können sich Späne durch den daraus resultierenden Metallabrieb bilden – sollte das geschehen sein, muss eine Reparatur erfolgen. Die Austauschkosten können hierbei eine Höhe von mehreren Tausend Euro erreichen. Wurde der Motor hingegen nicht gestartet, kann es genügen, das Benzin abzupumpen. Bei einem Wirbel- oder Vorkammerdiesel sind wenige Liter Benzin zusammen mit einer Restmenge Diesel meist nicht schädlich. Doch da die modernen Dieselfahrzeuge Direkteinspritzer sind, sollten Sie nicht darauf vertrauen und den Motor sicherheitshalber nicht starten.
Szenario 2: Diesel statt Benzin getankt
Wird ein Benziner mit Diesel betankt, sollte ebenfalls auf eine Weiterfahrt verzichtet und ein Abpumpen des Kraftstoffs vorgenommen werden. Ansonsten kann es zu Schäden an der Einspritzanlage kommen und auch eine Abgas-Nachbehandlung kann nötig sein. Unter Umständen, wenn nur eine geringe Menge Diesel getankt wurde und je nach Motor, kann vorsichtig mit dem Fahrzeug weitergefahren werden. Doch eine weitere Falschbetankung sollte vermieden werden.
Szenario 3: Super E10 statt Super E5 (E95) getankt
Ist das Fahrzeug für E10 freigegeben, ist eine Falschbetankung damit unbedenklich. Ist das Fahrzeug jedoch nicht für E10 freigegeben, können ernstzunehmende Schäden entstehen. Der ADAC rät hier die Hinweise des Fahrzeugherstellers zu beachten und schätzt, dass es ausreicht, den Tank mit einem ethanolarmen Kraftstoff zu füllen. Dadurch würde ein hoffentlich wieder unkritisches Ethanol-Mischungsverhältnis erreicht. Diese Taktik sollte jedoch nicht bei einem fast vollkommen mit E10 gefüllten Tank befolgt werden. Dieser Fall erfordert das Abpumpen des falschen Kraftstoffs.
Unterschiede: E10 vs. E95 bzw. Super 95
Kurzum: Die Oktanzahl, die die Klopffestigkeit des Benzins angibt, macht den Unterschied. Die Klopffestigkeit gibt an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer unkontrollierten Selbstentzündung des Kraftstoffs ist. Je höher die Oktanzahl, desto geringer ist die Wahrscheinlich der Selbstentzündung, auch Klopfen genannt.
Szenario 4: Normalbenzin statt Super oder Super plus
Dieses Szenario ist das wohl unbedenklichste, sofern das falschbetankte Fahrzeug bis mindestens zur nächsten richtigen Betankung nicht viel arbeiten, sprich nicht Höchstgeschwindigkeit oder bergauf fahren und auch keinen schweren Anhänger ziehen muss.
Hinweis: Tankanzeiger weist auf Position des Tankdeckels
Wenn man im Stress oder nicht mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs ist, weiß man beim Befahren der Tankstelle manchmal nicht, wo sich der Tankdeckel befindet. Auch kann es passieren, dass die Zapfsäule auf der für Sie richtigen Seite besetzt ist oder Sie aus Versehen mit der falschen Seite an die Zapfsäule heranfahren. Bei einigen Tankstellen ist es jedoch egal, in welche Richtung Sie das Fahrzeug an die Tanksäule setzen. Um herauszufinden, wo sich die Tankklappe Ihres Fahrzeugs befindet, schauen Sie auf Ihre Tankanzeige im Armaturenbrett. Bei den meisten Fahrzeugmodellen ist dort ein Pfeil neben dem Tanksymbol, der Ihnen die richtige Richtung weist. Bei deutschen Autos ist der Tankdeckel meist rechts, bei japanischen meist links – aufgrund des jeweils herrschenden Rechts- bzw. Linksverkehrs.
Tanken im Ausland: Einheitliche Kraftstoffbezeichnung in der EU
Bereits an deutschen Tankstellen sind Kraftstoffsortenbezeichnungen verwirrend, oder wissen Sie auf Anhieb, was sich hinter Ultimate, V-Power und Co. verbirgt? Ist man im Ausland unterwegs, liest man mancherorts vielleicht noch Bezeichnungen wie Nafta, Superbenzine, Gasóleo und Carburante, die sicher nicht weniger verwirrend sind als die deutschen Namen der Premiumkraftstoffe.
Zum Glück hat die EU beschlossen, dem Verbraucher entgegenzukommen und dadurch auch für hoffentlich sehr viel weniger Falschbetankungsfälle zu sorgen: Mittels der EU-Direktive 2014/94/EU wird eine in Europa einheitliche Kennzeichnung an Zapfsäulen, auf Zapfpistolen, im Tankdeckel, im Fahrzeughandbuch sowie beim Kraftfahrzeughandel vorgeschrieben (DIN EN 16942). Dabei ist jeder Kraftstoffsorte eine Form zugeordnet: Ein Kreis für Benzin, ein Quadrat für Diesel und Rauten für gasförmige Kraftstoffe.
Europaweit soll unter anderem fortan Benzin mit einem Ethanolgehalt mit bis zu 5% als E5 bezeichnet werden, B7 wird für Diesel mit bis zu 7% Fettsäuremethylester-FAME-Gehalt stehen, Super E10 wird zu E10, Super-Ethanol E85 zu E85. Die Zahlen innerhalb der Symbole geben also Auskunft über den Bioethanol-Anteil bei Benzin und den Bio-Diesel-Anteil bei Diesel. Des Weiteren steht XTL für synthetischen Diesel und LPG für Flüssiggas.
Die oben genannten Markennamen dürfen nun nicht mehr allein an der Zapfsäule stehen, sondern müssen um eine einheitliche Kennzeichnung ergänzt werden. In Deutschland wird diese Richtlinie vermutlich dieses Jahr (2019) noch umgesetzt, andere EU-Länder haben sie im vergangenen Jahr (2018) bereits umgesetzt. Die EU-Richtlinie ist für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtend.
Quelle: ADAC
Falsch getankt. Welche Kosten trägt die Versicherung?
Die Betankung mit dem falschen Kraftstoff kann kostspielige Schäden, insbesondere am Motor, zur Folge haben. Die Versicherung (Haftpflicht-, Teil- und Vollkaskoversicherung) übernimmt bei selbstverschuldeter Falschbetankung des eigenen Fahrzeugs keine Kosten. Das liegt darin begründet, dass das Betanken mit dem falschen Kraftstoff als Betriebsschaden gilt und Betriebsschäden nicht mitversichert sind. Die Kaskoversicherung übernimmt Schäden, welche durch einen Unfall oder äußere Einflüsse entstehen. Dazu zählen unter anderem wetterbedingte Schäden durch Hagel, Marderschaden und auch Vandalismus. Ein Betriebsschaden hingegen ist per Definition ein Schaden, der durch den nicht sachgemäßen Gebrauch entstanden ist. Beim Falschtanken bedeutet das: Alle die Kosten, die durch die Falschbetankung entstehen, müssen selbst bezahlt werden – also auch das Abpumpen des Tanks, gegebenenfalls Abschleppkosten, Kosten für einen Mietwagen, ein Ticket für den ÖPNV usw. Handelt es sich um einen Miet- oder Flottenwagen, also ein fremdes Fahrzeug, übernimmt die Versicherung ebenfalls keine Kosten.
Allgemeine Maßnahmen zur Risikominimierung
Seitens der Automobilindustrie ist einiges möglich gemacht worden. So gibt es sogenannte Einfüllstutzen, die vor einer Falschbetankung schützen, da sie das Einführen der falschen Zapfpistole verhindern. Doch nicht alle Autohersteller rüsten ihre Fahrzeuge damit aus. Dazu kommt, dass der Durchmesser einer Benzinzapfpistole 21 mm beträgt und der einer Dieselzapfpistole 25 mm. So kann es, trotz Einfüllstutzen, dazu kommen, dass fälschlicherweise Benzin statt Diesel getankt wird. Ist hingegen ein Fehlbetankungsschutz am Tankstutzen installiert, wird dem Betanken mit dem falschen Kraftstoff sprichwörtlich ein Riegel vorgeschoben. Der Fehlbetankungsschutz funktioniert im Grunde genommen so, dass die vorhandene Sperrvorrichtung ausschließlich von der passenden, genormten Zapfpistole entriegelt werden kann. Das Betanken mittels eines Reservekanisters lässt ein Fehlbetankungsschutz hingegen weiterhin zu, da es schmale Aussparungen an den Außenseiten der Tanköffnung gibt, wodurch der (falsche) Kraftstoff eingefüllt werden kann. Für die Verbraucher sollten zudem die Zapfsäulen und Zapfpistolen an der Tankstelle ordentlich gekennzeichnet sein.
Probleme mit der Zapfpistole
Es kann passieren, dass sich die Zapfpistole abschaltet, bevor der Tank voll ist. Das kann daran liegen, dass das sogenannte Fühlerrohr in der Zapfpistole Flüssigkeit ansaugt und dann automatisch die Pumpe der Zapfsäule abschaltet. Vielleicht haben Sie die Zapfpistole unglücklich platziert? Ein kurzes Rütteln an der Pistole kann Abhilfe schaffen. Sollte das jedoch nichts bringen, geben Sie besser dem Tankwart oder Kassierer Bescheid.
Maßnahmen zur Risikominderung im Fuhrparkmanagement
Kann das Fuhrparkmanagement etwas tun, sodass die Firmenfahrzeuge nicht falsch getankt werden? Kurzum: Kaum. Es kann Aufklärungsarbeit leisten, Hinweise am Fahrzeug und gegebenenfalls an Reservekanistern anbringen und die Fahrer bei der Fahrzeugübergabe informieren. Letztlich ist der Fahrer verantwortlich und muss darauf achten, wenn er an der Tankstelle Halt macht.
Als Flottenmanager können Sie jedoch, falls dies nicht bereits ab Werk vorhanden ist, Aufkleber an der Tankklappe anbringen. Diese zeigen an, welcher Kraftstoff der richtige für das entsprechende Fahrzeug ist und das Risiko falsch zu tanken kann dadurch minimiert werden.
Sollten sich Reservekanister in Poolfahrzeugen befinden, ist es ratsam, diese mit einem Hinweis auf den beinhaltenden Kraftstoff entsprechend zu kennzeichnen oder eben bei Unsicherheit die Bitte mit auf den Weg zu geben, vorsichtshalber einen Kanister mit dem richtigen Kraftstoff zu nehmen (sofern vorhanden).