Zustand deutscher Straßen und Brücken

Mit etwa 630.000 Kilometern liegt Deutschland auf Platz 12 in der Rangordnung der größten Straßennetze der Welt. Im internationalen Ranking der qualitativ hochwertigsten Straßeninfrastrukturen ist Deutschland allerdings erst auf dem 22. Platz zu finden. Viele deutsche Straßen sind marode und um die Brücken ist es noch schlechter bestellt. Woran liegt das und wie erfolgt eigentlich die Zustandsbewertung?

Inhaltsverzeichnis:

Wer ist für den Straßenbau zuständig?

Für den Straßenbau verantwortlich sind in Deutschland die jeweiligen Straßenbaulastträger. Das sind je nach Straße die Behörden der Gemeinden, der Kreise und der Länder. Bei Bundesstraßen und Autobahnen handelt es sich dabei um den Bund.

Als Grundlage für die Planung, hat die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswege (FGSV) zentrale Richtlinien für Stadtstraßen, Landstraßen und Autobahnen herausgegeben. Dabei steht die Sicherheit der Verkehrsinfrastruktur immer an erster Stelle. Auch das straßenbauliche Regelwerk des deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) nimmt Einfluss auf die Straßenbauplanung.

Sie möchten sicherstellen, dass Ihr Fuhrpark alle gesetzlichen Anforderungen  erfüllt und Sie arbeitsschutzrechtlich im Unternehmen abgesichert sind? Nutzen  Sie die Chance, Ihre Prozesse rechtssicher und digital zu gestalten und  vereinbaren Sie jetzt Ihr persönliches Beratungsgespräch.

Wie läuft die Zustandsbewertung ab?

Seit den 1990er Jahren wird die Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) der Fahrbahnoberfläche auf den Autobahnen und Bundesfernstraßen von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) erfasst. Dafür misst ein spezielles Fahrzeug alle vier Jahre die Fahrbahnoberfläche mit Hilfe von Digitalkameras und die Längs- und Querebenheit durch Lasersensoren.

Aus den gesammelten Daten werden anschließend physikalische Zustandsgrößen berechnet, die dann in Zustandswerte mit Noten von eins bis fünf überführt werden, um diese deutschlandweit vergleichen zu können. Dabei ist eins der beste und fünf der schlechteste Wert. Aufgeschlüsselt werden diese in einem Gebrauchs- und einem Substanzwert.

Der Gebrauchswert besteht aus der Griffigkeit und den Längs- und Querebenheitsmerkmalen und beschreibt vor allem Fahrsicherheit und Komfort. Dagegen gibt der Substanzwert den Oberflächenzustand wieder und vereint Kriterien wie Risse, Ausbrüche und Spurrinnen.

Bei Brückenbauwerken läuft die Zustandsbewertung nach DIN 1067 ab. Alle sechs Jahre findet eine umfassende Überprüfung statt, bei der der Inspekteur die Brücke Zentimeter für Zentimeter abklopft oder abtastet. In einem regelmäßigen Turnus von drei Jahren, wird eine einfache Überprüfung durchgeführt und jedes Jahr gibt es Besichtigungen. Bauwerke, die aufgrund ihres Zustands unter Beobachtung stehen, werden je nach Erforderlichkeit auch häufiger begutachtet.

Wie ist der Zustand deutscher Straßen?

Um die deutschen Autobahnen ist es noch am besten bestellt. 2014 befanden sich nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums etwa 8 Prozent in einem „schlechten“ und „sehr schlechten“ Zustand. Weniger gut sieht es bei den Bundestraßen aus: Dort waren zu dem Zeitpunkt 15 Prozent in „schlechtem“ und 19,6 Prozent in einem „sehr schlechten“ Zustand.


Für die Kommunen gibt es zwar kein einheitliches Kriteriensystem und unterschiedliche Erhebungszeitpunkte, da jede Kommune die Zustandsbewertung eigenmächtig durchführt. Trotzdem ist das Ergebnis eindeutig: In Nordrhein-Westfalen fallen 45 Prozent der Landesstraßen in die Kategorien „schlecht“ und „sehr schlechter“ Zustand. In Hessen besteht bei der Hälfte aller Strecken „Handlungsbedarf“ und in Bayern sind auf 36 Prozent der Straßen „Maßnahmen erforderlich“.

Auch in den im Osten liegenden Bundesländern sieht es diesbezüglich nicht besser aus. Sachsen bewertet mehr als 60 Prozent als „nicht ausreichend“. In Thüringen fallen 37 Prozent der Landesstraßen in die Kategorien „schlecht“ und „sehr schlecht“. Bei den Bundes- und Autobahnen sowie Brücken haben die ostdeutschen Länder allerdings weniger Probleme, da die Strecken dort nach dem Mauerfall grundlegend saniert oder neu gebaut wurden.

In welchem Zustand sind deutsche Brücken?

Von den etwa 40.000 Brücken im deutschen Fernstraßennetz ist laut den Zahlen der BASt aus dem Jahr 2020 mehr als jede zehnte Brücke in einem schlechten Zustand. Etwa drei Viertel der Brücken wurden mit „befriedigend“ oder „ausreichend“ bewertet. Nur etwa 13 Prozent befinden sich in einem „guten“ oder „sehr guten Zustand“, während knapp 10 Prozent als „nicht ausreichend“ und 1,6 Prozent sogar als „ungenügend“ gelten.

Die Note „ungenügend“ sei laut BASt aber nicht mit „einsturzgefährdet“ gleichzusetzen, sondern vielmehr ein Hinweis an die Behörden, die Instandsetzung oder Verkehrsbeschränkungen zu beauftragen. Für die Verkehrsteilnehmer bedeutet dies z.B. die Geschwindigkeit zu reduzieren oder die Brücke nur in eine Fahrtrichtung befahren zu dürfen.

Im Vergleich zum Jahr 2000 hat die Qualität der Brücken an Bundesfernstraßen damit rapide abgenommen. Damals waren 30 Prozent der Brücken noch in einem „guten“ bzw. „sehr guten“ Zustand. Zudem stieg der Anteil der als „ausreichend“ und schlechter bewerteten Brücken von 37 auf 45 Prozent.

Schlimmer noch sieht es auch bei den Brücken auf kommunaler Ebene, bspw. bei Bachüberquerungen und Fußgängerunterführungen, aus. Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Urbanistik aus dem Jahr 2013 zeigte, dass bei 15 Prozent der insgesamt etwa 67.000 kommunalen Brücken die Materialermüdung bereits so weit fortgeschritten ist, dass ein kompletter Neubau die einzige Option ist. Dazu kommen 35 Prozent, die dringend saniert werden müssen.

A45-Sperrung von Talbrücke bei Lüdenscheid

Ein Beispiel für eine marode Brücke ist die Talbrücke Rahmede an der A45 bei Lüdenscheid, die seit Dezember 2021 gesperrt ist. Dort wurden bei einem Laserscan Verformungen entdeckt, die offenbar so schlimm waren, dass eine Einsturzgefahr bei Belastung nicht ausgeschlossen werden konnte und die sofortige Sperrung nach sich zogen. Zunächst sollte innerhalb von drei bis vier Monaten das Trägergerüst mit Stahlplatten verstärkt werden. Dieser Plan wurde jedoch wieder verworfen, sodass die Brücke jetzt gesprengt und komplett neu gebaut werden muss.

Schon 2010 wurde eine Not-Verstärkung für die Brücke geplant, um sie gegen den Schwerverkehr zu wappnen. Diese Idee wurde aber nicht umgesetzt, da es Pläne für einen Neubau der Brücke gab, die noch 2014 realisiert werden sollten. Nachdem 2017 diese Entscheidung jedoch wieder gekippt wurde, fand auch die ursprünglich geplante Not-Verstärkung nicht mehr statt.

Ein großer Teil des Fernverkehrs nutzt jetzt die Umleitung durch das Stadtgebiet. Diese Straßen sind für das hohe Verkehrsaufkommen wiederum nicht ausgelegt und werden nun stark belastet, ebenso wie die Anwohner der Region. Auch die Wirtschaft erleidet durch die hohen Zeitverluste aufgrund der Umwege finanzielle Einbußen.

Welche Gründe gibt es?

In den letzten dreißig Jahren ist das Verkehrsaufkommen in Deutschland drastisch angestiegen. Die inländische Güterverkehrsleistung verzeichnete zwischen 1991 und 2021 ein Plus von 70 Prozent und die Personenverkehrsleistung nahm bis 2019 um 29 Prozent zu (danach ging sie aufgrund von Corona stark zurück). Gründe für den Anstieg sind die zunehmende Mobilität der Gesellschaft, das Wirtschaftswachstum sowie die zentrale Lage Deutschlands in Europa.

Für die Zukunft wird mit einer weiteren Zunahme des Verkehrswachstum gerechnet und damit wird auch das Problem der Instandhaltung weiter verstärkt. Hinzu kommt, dass Deutschland eine große Investitionslücke hat, dass also der Verfall der Straßen und Brücken größer ist als das, was an zusätzlichen neuen Investitionen getätigt wird. Ein Bericht aus dem Jahr 2012 kam zu dem Ergebnis, dass für die Bundesfern-, Landes- und Kreisstraßen jährlich 1,55 Milliarden Euro und in den Kommunen, darüber hinaus, fast eine weitere Milliarde Euro für die Instandsetzung fehlt.

Das Problem liegt zudem darin, dass die Gelder im öffentlichen Bereich ungleich verteilt sind. Besonders den Kommunen fehlt es an Finanzkraft, ein Drittel von ihnen ist verschuldet.

Mittlerweile hat das Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur ein Sonderprogramm zur Brückenertüchtigung ins Leben gerufen. Für 2022 hat der Bund außerdem für Investitionen in die Bundesverkehrswege 18,3 Milliarden Euro ausgegeben. 2014 waren es nur 10,3 Milliarden Euro. Aufgrund steigender Baukosten ist es jedoch notwendig, den Betrag noch weiter zu erhöhen. Für die Kommunen ist bisher keine Besserung in Sicht.

Haben Autofahrer einen Schadenersatzanspruch?

Ist bei Ihrer Fahrt durch ein Schlagloch ein Fahrzeugschaden entstanden, so haben Sie laut ADAC unter bestimmten Umständen Anspruch auf Schadenersatz.

Der Rechtsprechung nach ist der Verkehrssicherungspflichtige, also der Straßenbaulastträger, nämlich dazu verpflichtet, Verkehrsteilnehmer vor unvermuteten und sich aus der Beschaffenheit eines Verkehrsweges nicht ohne Weiteres ersichtlichen Gefahrenstellen zu bewahren oder mindestens davor zu warnen. Wenn der Verantwortliche nicht die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat und infolgedessen ein Schaden entstanden ist, steht dieser in der Haftung.

Dazu gehört auch eine Kontrollpflicht, abhängig von der jeweiligen Verkehrsbedeutung der Straße. Für vielbefahrene Straßen bedeutet das eine wöchentliche, wenn nicht sogar tägliche Kontrolle. Verkehrsunbedeutende Straßen kommen dagegen auch mit einer Kontrolle alle paar Wochen aus. Wird bei einer solchen Kontrollfahrt eine möglicherweise gefahrenträchtige Beschädigung entdeckt, muss diese sofort beseitigt oder zumindest zunächst mit einer Warntafel und/oder einer Geschwindigkeitsbegrenzung gekennzeichnet werden.

Im Allgemeinen darf der Autofahrer jedoch, insbesondere bei weniger befahrenen Straßen, nicht davon ausgehen, dass diese völlig frei von Beschädigungen sind.

Was kann man selbst tun?

Als einzelner Autofahrer kann man wenig zur Instandsetzung der Straßen und Brücken beitragen. Bis an entsprechender Stelle gehandelt wird, bleiben nur die folgenden Hinweise zu beachten:

  1. Fahrweise anpassen: Reduzieren Sie die Geschwindigkeit, um Schäden am Auto zu vermeiden.
  2. Rechtslage checken bei Fahrzeug- und Personenschäden: Prüfen Sie, ob Entschädigungen möglich sind.
  3. Straßenschäden melden: Nutzen Sie Smartphone-Apps z.B. vom ADAC, die die Schadenmeldung an die zuständige Behörde weiterleiten oder Online-Tools der Bundesländer, Städte und Kommunen.

Sonja Riepe

Sonja Riepe


Lesezeit

Durchschnittliche Lesezeit: 4 min


Mehr Raum für das Wesentliche  Digitalisieren Sie Ihre Complicance-Aufgaben mit dem Marktführer. Dabei stehen  wir Ihnen ab dem ersten Tag mit unserer persönlichen Beratung zur Seite. Kontaktieren Sie uns


Im Blog suchen



    Sie haben Themenwünsche?



    Schreiben Sie den ersten Kommentar: