Pflege von Straßenbegleitgrün an Landes-, Bundes- und Bundesfernstraßen

In NRW erstrecken sich über 13.000 ha Strauch- und Gehölzflächen an den Landes- und Bundesstraßen. In Baden-Württemberg sind es rund 27.000 ha Gras- und Gehölzflächen entlang von Landes- und Bundesstraßen. Jedes Jahr werden ca. 16 Millionen Euro für die Pflege der Straßenbepflanzung ausgegeben. Doch welche Funktion hat Straßenbegleitgrün, wer pflegt es und wer haftet, wenn herabstürzende Äste und Bäume auf Autos treffen?

Welche Funktionen hat Straßenbegleitgrün?

Straßenbegleitgrün ist ein Sammelbegriff für die Bepflanzung entlang von Straßen, Wegen und Parkplätzen. Neben der Verschönerung des Stadtbilds besitzt es aber noch weitere wichtige Eigenschaften:

  • Straßenbegleitgrün hat eine verkehrstechnische Funktion, es dient z.B. als Sicht-, Blend- und Windschutz, kann aber auch durch das gezielte Pflanzen von Bäumen die Straßenverlaufsführung unterstützen. Weiterhin kann durch die Leitwirkung von Baumreihen und anderen Gehölzen im Straßenraum die Fahrgeschwindigkeit beeinflusst werden. Zudem können Wind- und Schneeschutzhecken an Straßenabschnitten, die besonders heftigen Böen und Schneeverwehungen ausgesetzt sind, als Abschirmung dienen und damit zur Verkehrssicherheit beitragen.
  • Im Sinne einer bautechnischen Funktion trägt es vor allem zur Böschungssicherung bei, da die Wurzeln von Gräsern, Kräutern und Bäumen Stabilität bieten und somit Erosionen verhindern können.
  • Zudem hat es auch landschaftspflegerische und artenschutzfachliche Funktionen, wie die landschaftsgerechte Einbindung in die Straße und dient als Rückzugs- und Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten.

Zoneneinteilung von Straßenbegleitgrün

Die Breite von Straßenbegleitgrün unterscheidet sich stark. In Baden-Württemberg beträgt sie z.B. an zweispurigen Straßen durchschnittlich 2 bis 8 m und an Autobahnen 4 bis 20 m. Hier wurden in Abhängigkeit der Lage und Entfernung zur Straße Regelungen für eine Einteilung in Straßenrandzonen getroffen. Diese können je nach Bundesland ggf. abweichen.

Direkt an der Straße befindet sich die Bankettzone, dahinter folgt die Graben- bzw. Muldenzone. Dort dürfen aus Verkehrssicherheitsgründen keine Gehölze angepflanzt werden. In der dahinterliegenden Böschungszone können aber sowohl Grasflächen als auch Gehölze vorkommen. Die letzte Zone wird durch den Außenbereich definiert.

StraßenbegleitgrünAbb.: Straßenrandzonierung (eigene Darstellung, Bildelemente: freepik)

Pflege von Straßenbegleitgrün

Da Straßenbegleitgrün wächst und sich ständig verändert, muss es, damit es weiterhin bestehen bleiben kann, regelmäßig gepflegt werden. Die Pflege ist ebenfalls erforderlich, um mögliche Gefährdungen für den Straßenverkehr auszuschließen. Für das Bundesland NRW werden die Vorgaben für die Gehölzpflege bspw. im Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege und den Hinweisen für die Gehölzpflege an Bundesfern- und Landesstraßen geregelt (Ausgabe 2013). Für jedes Bundesland gibt es eigene Gesetze. In den Vorgaben sind unter anderem folgende Regelungen enthalten:

  • Straßenschilder, Ampeln oder Kreuzungen dürfen nicht durch herausragende Äste oder wuchernde Büsche verdeckt werden. Daher werden die Gehölze regelmäßig zurückgeschnitten.
  • Kranke und abgestorbene Bäume müssen entfernt werden, damit sie bei einem Windstoß nicht auf die Fahrbahn oder ein parkendes Fahrzeug stürzen.
  • Außerdem werden einzelne Äste weggeschnitten, damit die Bäume und Sträucher neu austreiben können und sich eine stabile Bestandsstruktur ausbilden kann.
  • Der Rückschnitt findet phasenweise statt, um Kleintieren und Insekten die Gelegenheit zu bieten, sich an den veränderten Lebensraum zu gewöhnen.

Das Bundesland Baden-Württemberg nimmt hinsichtlich der Häufigkeit der durchzuführenden Pflegemaßnahmen eine Unterscheidung in einen Intensiv- und Extensivbereich vor. Zu dem Intensivbereich gehören Flächen, die im Gebiet von Raststätten liegen oder aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Wasserabflusses niedrig zu halten sind. Dazu zählt die Graben- und Muldenzone. Dort findet die Mahd zwei- bis dreimal jährlich statt. Der Extensivbereich beinhaltet alle übrigen Flächen, wie die Böschungszone und den Außenbereich. Diese werden ein- bis zweimal jährlich gemäht.

In der Vegetationszeit vom 1. März bis zum 30. September besteht laut Paragraf 39 Abs. 5 BNatSchG ein Pflegeverbot, es sei denn, es besteht eine konkrete Annahme dazu, dass die Verkehrssicherheit in Gefahr ist.

Wer ist für die Pflege von Straßenbegleitgrün zuständig?


Zuständig für die Pflege von Straßenbegleitgrün ist der Träger der Straßenbaulast oder der für die Verwaltung der Straße zuständige Rechtsträger. Für Bundesfernstraßen ist das jeweilige Land zuständig, sofern dieses die Bundesfernstraßen im Auftrag des Bundes verwaltet. Diese Regelung ergibt sich aus Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes. Hier heißt es:

(2) Die Verwaltung der Bundesautobahnen wird in Bundesverwaltung geführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. Diese Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes. Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen. Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.(Art. 90 Abs. 2 GG)

 

Für Landes- und Kreisstraßen sind die zuständigen Landes- und Stadtkreise, sofern es sich nicht um Ortsdurchfahren handelt, für die Pflege von Straßenbegleitgrün verantwortlich. Bei Ortsdurchfahrten liegt die Verantwortung bei der jeweiligen Gemeinde. Es ist dem Eigentümer aber auch möglich, die Baumpflege an einen Dritten, z.B. an ein Unternehmen, zu übertragen.

Für Straßen Dritter, beispielsweise auf Privatgeländen, ist der jeweilige Träger in der Verkehrssicherungspflicht und muss sich somit auch um das Straßenbegleitgrün kümmern.

Im Durchschnitt belaufen sich die Kosten für die Pflege von Straßenbegleitgrün auf zwei Euro pro Quadratmeter.

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Was versteht man unter der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen?

Bei der Verkehrssicherheitspflicht geht es im Grunde genommen darum, dass jeder dazu verpflichtet ist, in seinem Verantwortungsbereich Vorkehrungen zu treffen, um Dritte nicht in Gefahr zu bringen. Regelungen hierzu finden sich in Paragraf 836 Bürgerliches Gesetzbuch:

„Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines mit einem Grundstück verbundenen Werkes ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz Folge mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.“ (§836 BGB)

 

Daran angelehnt bedeutet die Straßenverkehrssicherungspflicht für Bäume, dass Baumeigentümer dazu angehalten sind, andere Verkehrsteilnehmer vor Schäden durch umstürzende Bäume oder herabstürzende Äste zu schützen.

Um zu verhindern, dass herabhängende oder abgeknickte Zweige sowie abgestorbene Äste auf die Fahrbahn gelangen, sollten regelmäßige Baumkontrollen durchgeführt werden.

Seit dem Jahr 2010 gibt es dafür keine allgemeinen Kontrollrhythmen mehr. Die Häufigkeit der Kontrolle erfolgt vielmehr individuell nach Alter, Zustand und Standort der Bäume. „Kontrolle“ meint dabei zunächst nur eine Begutachtung des äußeren Zustands unter Benutzung angemessener Hilfsmittel.

Wer haftet im Schadenfall?

Ereignen sich Naturereignisse, wie Überschwemmungen, Bergrutsche und Orkane, so greift in diesem Fall die „höhere Gewalt“-Regelung. Sie wird als ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes, in seiner Ursache nicht vorhersehbares und auch durch die äußerste Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis definiert.

Der Verkehrssicherheitspflichtige, also der Träger der Straßenbaulast oder der Eigentümer bei Privatgrundstücken, haftet in dem Fall nicht, vorausgesetzt er kann nachweisen, dass er jedmögliche Schutzmaßnahmen getroffen und regelmäßige Kontrollen durchgeführt hat. Unterlässt er diese, drohen ihm im Schadenfall Schadenersatz- und Schmerzensgeldzahlungen bis hin zu Geld- und Freiheitsstrafen.

Die Rechtsprechung macht hier keinen Unterschied zwischen einem Grundstück, das einem Privateigentümer gehört und Grünflächen, die öffentlich verwaltet werden.

Komplizierter wird es, wenn bei Bäumen, die an öffentlichen Straßen stehen, keine eindeutige Zuordnung möglich ist. Dabei wird bei einem Schadenfall meist individuell gerichtlich entschieden. Bei Straßenbegleitgrün ist der Fall etwas eindeutiger, da es sich ohne Zweifel der Straße zuordnen lässt und der Verkehrssicherheitspflichtige im Streitfall leichter zur Verantwortung gezogen werden kann.

Straßenbegleitgrün hat viele positive Effekte. Damit jedoch Sachschäden vermieden werden können und kein Straßenverkehrsteilnehmer durch (vorgeschädigte) Bäume verletzt werden oder sogar zu Tode kommt, ist eine gründliche und regelmäßige Pflege und Baumkontrolle geboten.


Sonja Riepe

Sonja Riepe


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