Sanktionsmöglichkeiten für unsachgemäße Benutzung des Dienstfahrzeuges

Ein Arbeitnehmer hat Schäden an seinem Dienstfahrzeug verursacht. Egal, ob während der Arbeitszeit oder privat , im Anschluss stellt sich die Frage: Inwieweit haftet der Arbeitnehmer für die entstandenen Schäden am Fahrzeug? Rechtsanwältin Frau Pichler klärt auf.

Inhaltsverzeichnis:

Sanktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei unsachgemäßer Nutzung des Dienstwagens

Entstehen beim Umgang mit dem Dienstfahrzeug Schäden, stellt sich immer die Frage, ob der Arbeitnehmer in Regress genommen werden kann.

Unter dem Sammelbegriff der „Arbeitnehmerhaftung“ versteht man gemeinhin die Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers. Es geht also darum, ob überhaupt und wenn ja in welchem Umfang ein Arbeitnehmer für Schäden verantwortlich gemacht werden kann, die ihm entweder bei Ausübung seiner Arbeitstätigkeit oder aber im privaten Bereich mit einem Arbeitsmittel unterlaufen.

Diese Unterscheidung stellt sodann auch die Weichen für einen möglichen Regress. Nach dem Gesetz haftet man grundsätzlich für jede Art der Fahrlässigkeit und Vorsatz. Diesen Grundsatz schränkt die höchstrichterliche Rechtsprechung aber bereits seit Ende der 50er Jahre ein. Der Grund dafür ist simpel: Würde der Arbeitnehmer immer haften, käme es zu unsachgemäßen Ergebnissen. Der Arbeitgeber trägt kein Risiko, aber wenn alles klappt trägt er auch den gesamten Gewinn.

Für alle Schäden bei Ausübung der Arbeitstätigkeit gelten die kraft Richterrechts entwickelten Grundsätze des sogenannten innerbetrieblichen Schadenausgleichs. Für alle Schäden die im privaten Bereich passiert sind, gelten die gesetzlichen Regelungen zum Schadensersatz (ggf. konkretisiert durch den Überlassungsvertrag). 

Da die Haftungsmaßstäbe völlig unterschiedliche sind, muss bei jedem Schaden in der Praxis klar zwischen Schäden aus der Ausübung der Arbeitstätigkeit und Schäden aus der privaten Nutzung getrennt werden.

Innerbetrieblicher Schadensausgleich

Wie eingangs ausgeführt handelt es sich beim innerbetrieblichen Schadensausgleich um eine Art „Privilegierung“ des Arbeitnehmers. Bei anderen als Personenschäden sind daher die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu dieser Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung zu beachten.

Es soll hier, in entsprechender Anwendung der Grundsätze zur Mithaftung, ein möglichst gerechter Ausgleich zwischen einem ohnehin bestehenden Betriebsrisiko („es kann ja immer mal was passieren“) und dem Grad des Verschuldens („also damit kann man ja nicht wirklich rechnen“) geschaffen werden. Als Maßstab für die Schadensverteilung dient also vorrangig der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers.

Hier haben sich in der Praxis mehrere Abstufungen entwickelt:

  • Bei Vorsatz hat der Arbeitnehmer den Schaden stets allein zu tragen.
  • Bei grober undmittlerer Fahrlässigkeit ist der Schaden unter Berücksichtigung aller Umstände quotal zu verteilen.
  • Bei leichter Fahrlässigkeit trägt den Schaden i.d.R. in voller Höhe der Arbeitgeber.

Vorsatz

Ist der Vorsatz auch für den Laien noch recht einfach zu definieren, so wird dies bei den übrigen Haftungsstufen schon schwieriger.

Grobe Fahrlässigkeit

Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im konkreten Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH NJW 1994, 1012). Vereinfacht ausgedrückt: Wenn sich ein jeder, der die Geschichte hört, mit der Hand vor die Stirn schlägt und sagt: Wie kann man nur?!  

Bei der groben Fahrlässigkeit ist jedoch zu beachten, dass der Maßstab bzw. seine Grenzen aus Sicht des jeweiligen Arbeitnehmers zu ziehen ist. Nicht nur die durchschnittlichen Anforderungen des jeweiligen Verkehrskreises sind ausschlaggebend, sondern auch, ob der spezielle Arbeitnehmer nach seinen individuellen Fähigkeiten in der Lage war, die objektiv gebotene Sorgfalt zu erkennen oder zu erbringen (BAG NZA 2002, 612).

Wichtig ist hierbei, dass es nicht um einen grob fahrlässigen Verkehrsverstoß nach dem StVG geht (z. B. Geschwindigkeitsüberschreitung, Vorfahrtsverletzung etc.), sondern vielmehr um die Einordnung als arbeitsvertragliche grobe Fahrlässigkeit. Mit anderen Worten: Der Lebenssachverhalt muss sich grob fahrlässig darstellen. Hierunter fallen z. B. extreme Geschwindigkeitsverstöße, die sich auch nicht mit Eile oder dem Übersehen der Verkehrskennzeichen erklären lassen, die Trunkenheitsfahrt etc.

Mittlere Fahrlässigkeit

Wie der Name mittlere Fahrlässigkeit bereits suggeriert, ist diese Stufe irgendwo zwischen leicht und grob anzusiedeln, ohne aber eine eigene feststehende Definition zu besitzen.

Ob und ggf. in welchem Umfang der Arbeitnehmer an den Schadensfolgen zu beteiligen ist, soll sich nach Auffassung des BAG im Rahmen einer Abwägung der Gesamtumstände, insb. von Schadensanlass und Schadensfolgen sowie nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten beurteilen lassen.

Je nach Lage des Einzelfalls ist den Umständen ein unterschiedliches Gewicht beizumessen. Im Hinblick auf die Vielfalt möglicher Schadenursachen können diese auch nicht abschließend bezeichnet werden. Zu den Umständen gehören neben dem Grad des Verschuldens die Gefahrgeneigtheit der Arbeit, die Höhe des Schadens, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch Versicherung deckbares Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe des Arbeitsentgelts. Auch können sogar persönliche Verhältnisse des Arbeitnehmers, wie die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter, seine Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten zu berücksichtigen sein (BAG NZA 1994, 1083; Baumgärtner, § 611a BeckOK BGB, 51. Edition, Stand 01.08.2019).

Leichte Fahrlässigkeit

Leicht fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (siehe auch Paragraf 276 Abs. 2 BGB). Vereinfacht ausgedrückt beginnt leichte Fahrlässigkeit bereits bei „Das kann jedem mal passieren“.

Der Parkrempler oder der Auffahrunfall im stockendem Verkehr sind Dinge, die wohl jedem mal passieren können. Auch die vielbesagte aus der Hand gerutschte Cola-Flasche ist wohl etwas, was jedem schon mal passiert ist, aber vielleicht nicht im Firmenwagen.

Beweislast zum innerbetrieblichen Schadensausgleich

Wer diese Privilegierung für sich in Anspruch nehmen will, der muss auch beweisen, dass er privilegiert ist. Die Beweislast, ob der Schaden im Rahmen dienstlicher Ausübung geschehen ist, obliegt daher dem Arbeitnehmer.

Haftung im privaten Bereich

Anders sieht es aus, wenn der Schaden im privaten Bereich entstanden ist. Da der Arbeitnehmer hier nicht „für den Arbeitgeber“ tätig war, kommen ihm auch nicht die Haftungsprivilegierungen zu Gute. Er haftet daher bereits ab der im Gesetz normierten einfachen Fahrlässigkeit. Voraussetzung ist aber, dass dies – klarstellend - mit dem Arbeitnehmer vereinbart ist. Hiernach muss der Arbeitnehmer, dem bspw. die Cola-Flasche am Wochenende aus der Hand rutscht für die Reinigung selbst aufkommen.

Dienstwagenüberlassungsvertrag

Die Grundsätze über die beschränkte Arbeitnehmerhaftung sind einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht. Deshalb kann von ihnen weder einzel- noch kollektivvertraglich zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden (BAG NZA 1999, 141).Eine Vereinbarung darüber, dass der Arbeitnehmer für alle von ihm fahrlässig verschuldeten Unfallschäden am Dienstfahrzeug (bis zur Höhe der Selbstbeteiligung aus der Versicherung) aufkommt, ist unzulässig. Mit dieser Vereinbarung würde der Arbeitnehmer auch bei leichterer Fahrlässigkeit eine Haftung auferlegt bekommen (BAG NZA 2004, 649). Auch wenn die Möglichkeit des Arbeitnehmers, den Dienstwagen auch privat zu nutzen, eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung ist, kann sie eine verschärfte Haftung für betrieblich vereinbarte Fahrten nicht rechtfertigen (allenfalls für private Fahrten). Unterlässt der Arbeitgeber für ein überlassenes Dienstfahrzeug den Abschluss einer Vollkaskoversicherung, beschränkt sich die Haftung des Arbeitnehmers auf die Höhe der Kosten, die durch eine solche Versicherung üblicherweise nicht abgedeckt werden, insb. die übliche Selbstbeteiligung (LAG Köln BB 2006, 335; Baumgärtner, § 611a BeckOK BGB, 51. Edition, Stand 01.08.2019).

Es empfiehlt sich daher eine klare und unmissverständliche Regelung über den Betrag der Selbstbeteiligung zu treffen.

Es ist aber zulässig – und zu empfehlen – die Haftung des Arbeitnehmers für bestimmte Fallgruppen ständigen Ärgers im Überlassungsvertrag zu konkretisieren. So können bestimmte Arten der Nutzung vertraglich ausgeschlossen (Hunde) oder eingeschränkt (Schutzbezüge) werden. 



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