Kommt der Verkehr auf der Autobahn ins Stocken oder zum Stillstand, muss eine Rettungsgasse für Polizei und Rettungskräfte gebildet werden, um im Notfall schnell handeln zu können. Es gibt jedoch immer wieder Verkehrsteilnehmer, die sich nicht daranhalten und die Rettungsgasse blockieren. Die Strafen werden in regelmäßigen Abständen erhöht. Wir zeigen Ihnen, wie die Rettungsgasse richtig gebildet wird und mit welchem Bußgeld Sie aktuell bei Verhinderung der Rettungsgasse rechnen müssen.
Rettungsgasse in Deutschland: Gesetzliche Grundlage
Seit den 1970er Jahren ist die Rettungsgasse in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Grundlage ist Paragraf 11 Absatz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung. Darin heißt es:
„Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.“ (§ 11 Abs. 2 StVO)
Aus der Formulierung „freie Gasse“ hat sich der mittlerweile feststehende Begriff Rettungsgasse entwickelt. Anders als viele denken, ist die Rettungsgasse nicht erst zu bilden, wenn sich ein Stau ergeben hat. Der obenstehende Paragraf gibt eindeutig an, dass die freie Gasse bereits bei Schrittgeschwindigkeit, also einem androhenden Stau, zu bilden ist. Befahren werden darf die Rettungsgasse nur von Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr, Krankenwagen, Arzt- oder Abschleppfahrzeugen.
Wie muss die Rettungsgasse gebildet werden?
Die Straßenverkehrs-Ordnung gibt allerdings nicht nur vor, dass eine freie Gasse gebildet werden muss, sondern auch wie.
Rettungsgasse bei zwei Fahrspuren
Bild: Rettungsgasse bei einer zweispurigen Straße
Bei zweispurigen Autobahnen und Schnellstraßen sind die Fahrer auf der linken und rechten Spur dazu angehalten, soweit wie möglich an den Rand zu fahren. Sprich: Alle Fahrer auf der linken Spur fahren zum linken Fahrstreifenrand und alle Fahrer auf der rechten Spur fahren zum rechten Rand. Ist die Durchfahrt weiterhin nicht groß genug, sollen die Fahrer auf der rechten Spur den Standstreifen mitbenutzen. Grundsätzlich ist dieser freizuhalten, im Notfall ist das Ausweichen auf den Standstreifen aber zulässig.
Rettungsgasse bei drei Fahrspuren
Bild: Rettungsgasse bei einer Autobahn oder Schnellstraße mit mehr als zwei Spuren
Kommt es auf einer Straße mit drei Spuren zum stockenden Verkehr oder Stillstand, ist die Durchfahrt für Polizei und Rettungskräfte zwischen der äußerst linken Spur und der direkt rechts anliegenden Spur zu bilden. Auch hier fahren die Verkehrsteilnehmer soweit wie möglich an den Rand bzw. im Bedarfsfall (z. B. Baustelle) auf den Standstreifen. Zudem sollten Autofahrer, unabhängig von der Anzahl der Spuren, genügend Abstand zum Vordermann lassen.
Rettungsgasse bei vier Fahrspuren
Bei einer Fahrbahn mit vier Spuren könnte man zunächst vermuten, dass die Rettungsgasse einfach in der Mitte gebildet werden muss. Dies gilt jedoch seit 2017 nicht mehr. Auch bei vierspurigen Fahrbahnen wird die freie Gasse zwischen dem äußeren linken und den anliegenden rechten Fahrstreifen gebildet – also ebenfalls so wie bei Fahrbahnen mit drei Spuren.
Merkhilfe: Rechte-Hand-Regel
Wenn Sie sich in einer Stausituation befinden und unsicher sind, wo Sie sich für eine Rettungsgasse einordnen müssen, kann schnell die rechte Hand zur bildlichen Darstellung zur Hilfe genommen werden. Halten Sie die rechte Hand mit dem Handrücken nach oben. Der Daumen steht nun stellvertretend für die äußere linke Fahrspur. Die anderen Finger symbolisieren die anderen Fahrstreife. Der Zwischenraum zwischen Daumen und Zeigefinger steht für die Rettungsgasse. Je nach Anzahl der Fahrstreifen klappen Sie die restlichen Finger ein oder nehmen Sie hinzu.
Bußgeld für Rettungsgassen-Blockierer
Kommt es zu einem Unfall auf der Autobahn, können Sekunden über Leben und Tod entscheiden. Deswegen müssen Notarzt und Rettungssanitäter so schnell wie möglich an den Unfallort gelangen. Doch da das Bilden einer Rettungsgasse leider zu oft nicht funktioniert und Rettungskräfte behindert werden, werden die Bußgelder für das Verhindern einer Rettungsgasse regelmäßig erhöht. Zuletzt gab es eine Erhöhung im Zuge der StVO-Novelle, Ende April 2020.
Die Bußgelder im Überblick (Stand 11/2021):
Vergehen |
Strafe |
Keine Rettungsgasse gebildet |
200 Euro Bußgeld + 2 Punkte + 1 Monat Fahrverbot |
- mit Behinderung |
240 Euro Bußgeld + 2 Punkte + 1 Monat Fahrverbot |
- mit Gefährdung |
280 Euro Bußgeld + 2 Punkte + 1 Monat Fahrverbot |
- mit Sachbeschädigung |
320 Euro Bußgeld + 2 Punkte + 1 Monat Fahrverbot |
Unerlaubtes Nutzen der Rettungsgasse |
240 Euro Bußgeld + 2 Punkte + 1 Monat Fahrverbot |
- mit Behinderung |
280 Euro Bußgeld + 2 Punkte + 1 Monat Fahrverbot |
- mit Gefährdung |
300 Euro Bußgeld + 2 Punkte + 1 Monat Fahrverbot |
- mit Sachbeschädigung |
320 Euro Bußgeld + 2 Punkte + 1 Monat Fahrverbot |
Rettungsgassen-Pflicht nicht nur in Deutschland
Die Bildung einer Durchfahrt im Notfall ist nicht nur in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Auch in anderen europäischen Ländern wie Österreich, der Schweiz, Ungarn oder Tschechien besteht die Rettungsgassenpflicht. Das Bußgeld ist in diesen Ländern zum Teil deutlich höher als in Deutschland. Im Nachbarland Österreich beispielsweise ist die Rettungsgasse im Paragraf 46 Absatz 6 der dortigen Straßenverkehrsordnung geregelt und bestraft bereits das nicht korrekte Bilden einer Rettungskasse mit über 700 Euro. Kommt es sogar zu einer Behinderung der Rettungsfahrzeuge, kann eine Strafe bei über 2.000 Euro liegen. Das korrekte Verhalten in Notsituationen auf Straßen schont somit nicht nur den Geldbeutel, sondern kann im besten Fall Leben retten.