Immer wieder kommt es zu Unfällen im Straßenverkehr. Für Fahrradfahrer und andere Zweiradfahrer ein großes Problem: so genannte Dooring-Unfälle. Gerade in Innenstädten ist die Gefahr für Unfälle zwischen Autos und Radfahrern groß. Inzwischen gibt es Ausstiegswarner, die Unfälle dieser Art verhindern sollen. Auch ein Holländergriff kann Abhilfe schaffen und Fahrradfahrer schützen. Wir fassen zusammen, wie Dooring-Unfälle entstehen und wie man sie vermeiden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Definition: Was ist ein Dooring-Unfall?
- Wer trägt die Schuld bei einem Dooring-Unfall?
- Bußgelder Dooring-Unfälle
- Altbewährt: der Holländergriff
- Ausstiegswarner für mehr Sicherheit im Straßenverkehr
- Dooring-Unfälle vermeiden: weitere Tipps
- Regelmäßige Fahrerunterweisung: Verhaltensweise im Straßenverkehr verbessern
Definition: Was ist ein Dooring-Unfall?
Der Begriff Dooring wird vom englischen Begriff „door“ (zu dt. „Tür“) abgeleitet und bezieht sich auf die Fahrertür am Fahrzeug. Dooring beschreibt einen Unfall im Straßenverkehr, bei dem Zweiradfahrer wie Fahrradfahrer, E-Scooter- oder Rollerfahrer mit einer geöffneten Pkw-Tür zusammenprallen. Das kommt insbesondere in Städten vor, wenn Autofahrer mit ihrem Fahrzeug am Seitenstreifen parken und dann unachtsam oder im Stress die Fahrertür öffnen, ohne dabei einen Blick auf den umliegenden Verkehr zu werfen. Die gleiche Gefahr besteht bei anderen Insassen, die unachtsam Fahrzeugtüren öffnen.
Nach Aussage des deutschen Verkehrsrats (DVR) stand jeder zweite Fahrradfahrer schon einmal kurz vor einer Kollision mit einer geöffneten Fahrertür. Wenn es zum Dooring-Unfall kommt, können die Folgen lebensgefährlich für den Fahrradfahrer sein, da er meist von der Situation überrascht wird und so ungebremst auf das Fahrzeug zufährt. Durch die Wucht des Zusammenpralls können Fahrradfahrer sogar auf die Fahrbahn geschleudert werden. Dooring-Unfälle gehören bei Radfahrern zu den häufigsten Unfällen mit Personenschaden.
Wer trägt die Schuld bei einem Dooring-Unfall?
Die rechtliche Grundlage eines Dooring-Unfalls fußt auf Paragraf 14 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) „Sorgfaltspflichten beim Ein- und Aussteigen“. Darin heißt es:
(1) Wer ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist.
(2) Wer ein Fahrzeug führt, muss die nötigen Maßnahmen treffen, um Unfälle oder Verkehrsstörungen zu vermeiden, wenn das Fahrzeug verlassen wird. Kraftfahrzeuge sind auch gegen unbefugte Benutzung zu sichern.
Autofahrer haben somit auf andere Verkehrsteilnehmer zu achten und eine Gefährdung zu verhindern. Kommt es zu einem Dooring-Unfall, wird der Autofahrer entsprechend zur Verantwortung gezogen und muss für den Schaden aufkommen. Gerichte legen den Paragrafen in der Regel zugunsten des Fahrradfahrers aus.
Die Versicherungen der Unfallverursacher versuchen jedoch häufig, Radfahrern eine Mitschuld an dem Dooring-Unfall zu geben. Begründet wird dies meist damit, dass der Zweiradfahrer zu wenig Sicherheitsabstand zum Pkw gelassen hat. In der Praxis wird der Sicherheitsabstand teils unterschiedlich eingeschätzt. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken beispielsweise ist ein Sicherheitsabstand von 90 Zentimetern ausreichend (4 U 80/07). Andere Gerichte sprechen sich für einen Abstand von 80 bis 90 Zentimetern aus. Nach einem Verfahren am Kammergericht (KG) Berlin erhielt ein Fahrradfahrer nur Anspruch auf den halben Schadenersatz, da er zu dicht am geparkten Fahrzeug vorbeifuhr und sich durch seine eigene Ladung am Fahrrad beim Ausweichen behinderte.
Negative Konsequenzen kann ein Dooring-Unfall für einen Fahrradfahrer hingegen haben, wenn ein Fahrzeug offensichtlich erkennbar beladen wird. Da sollte der Sicherheitsabstand entsprechend vergrößert werden, um einer möglichen Teilschuld zu entgehen.
Bußgelder Dooring-Unfälle
Kommt es zu einem Dooring-Unfall, muss der Verursacher nicht nur für den Schaden aufkommen, sondern auch mit einem Bußgeld rechnen. Rechtliche Grundlage dafür ist der genannte Paragraf 14 StVO. Wer dagegen verstößt und somit auch Verursacher eines Dooring-Unfalls ist, muss nach Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog mit folgenden Bußgeldern rechnen:
Vergehen |
Strafe |
Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer beim Ein- und Aussteigen |
40,00 € |
Schädigung anderer Verkehrsteilnehmer beim Ein- und Aussteigen |
50,00 € |
Verlassen des Fahrzeugs ohne Maßnahmen zu treffen, die Verkehrsstörungen verhindern. Es kommt zu Verkehrsstörungen. |
15,00 € |
Verlassen des Fahrzeugs ohne Maßnahmen zu treffen, die Verkehrsstörungen verhindern. Es kommt zu einem Unfall. |
25,00 € |
Altbewährt: der Holländergriff
Eine bewährte Methode, um Dooring-Unfälle zu vermeiden, ist der Holländergriff – auch holländischer Griff genannt. Angelehnt ist dieser an unsere fahrradbegeisterten Nachbarn in den Niederlanden, die den Griff bereits in der Fahrschule lernen. Der Holländergriff wird beim Öffnen der Fahrertür angewandt. Demnach öffnet man die Fahrertür nicht wie gewöhnlich mit der linken Hand, sondern mit der rechten Hand. Dadurch dreht der Autofahrer seinen Körper mit und wirft nahezu automatisch einen Blick über die linke Schulter. Der erweiterte Schulterblick (160-Grad-Drehung) sorgt dafür, dass das Sichtfeld nach hinten frei ist und heranfahrende Fahrrad-, E-Scooter- oder Rollerfahrer frühzeitig gesehen werden können. Das gleiche kann man auch auf der Beifahrerseite anwenden. Dann greift man den Türgriff entsprechend mit der linken Hand.
Ausstiegswarner für mehr Sicherheit im Straßenverkehr
Moderne Fahrzeuge verfügen heutzutage über elektronische Warnsysteme, die Dooring-Unfälle vermeiden sollen. Bei solchen Ausstiegswarnern handelt es sich in der Regel um eingebaute Sensoren, die heranfahrende Zweiradfahrer erkennen und den Autofahrer warnen. Das kann beispielsweise in Form von Lichtsignalen im Rückspiegel oder an den Außenspiegeln erfolgen. Letztere sollen auch die heranschnellenden Fahrrad- oder E-Scooter-Fahrer warnen. Oft ertönt zusätzlich ein Piepton. Manche Modelle verfügen aber auch über ein automatisches Schließsystem, welches das Öffnen der Tür verzögert, wenn sich Fahrradfahrer nähern. Der ADAC hat die Ausstiegswarner getestet und als sinnvolle Systeme zur Vermeidung von Dooring-Unfällen eingestuft. Einziger Kritikpunkt: Werden die Sensoren beispielsweise durch ein anderes parkendes Auto verdeckt, ist ihre Funktionsweise eingeschränkt.
Dooring-Unfälle vermeiden: weitere Tipps
Tipps für Radfahrer, E-Scooter- und Rollerfahrer:
- Halten Sie immer genügend Sicherheitsabstand zu parkenden Autos, um eine mögliche Kollision zu vermeiden.
- Seien Sie stets bremsbereit und passen Ihre Geschwindigkeit an den vorherrschenden Verkehr an.
- Achten Sie auf mögliche Lichtsignale am Außenspiegel des parkenden Fahrzeugs und/ oder auf weitere Hinweise, die ein zeitnahes Aussteigen signalisieren (z. B. Personen im Fahrzeug).
Tipps für Autofahrer:
- Öffnen Sie Türen stets langsam (insbesondere im Stadtverkehr).
- Achten Sie beim Aussteigen grundsätzlich auf den umliegenden Verkehr (nicht nur Zweiradfahrer).
- Werfen Sie einen Blick in den Rückspiegel und wenden Sie den Schulterblick an, um einen toten Winkel zu vermeiden.
- Achten Sie auch darauf, dass Beifahrer (insbesondere mitfahrende Kinder) nicht ohne auf den umliegenden Verkehr zu achten die Tür öffnen.
- Rechnen Sie damit, dass E-Scooter- oder Roller-Fahrer schneller unterwegs sind und schlechter bremsen können.
Regelmäßige Fahrerunterweisung: Verhaltensweise im Straßenverkehr verbessern
Auch im Fuhrpark kommt es immer wieder durch Unachtsamkeiten zu Unfällen. Im Rahmen der jährlich verpflichteten Fahrerunterweisung nach UVV werden die Mitarbeiter für eine sichere Fahrweise sensibilisiert. So kann das Risiko für Unfälle und Unsicherheiten im Straßenverkehr verringert werden. Ziel der Unterweisung ist es, dass die Fahrer theoretisch auf die häufigsten Situationen im Straßenverkehr vorbereitet sind: Wie verhalte ich mich bei einer Panne richtig? Was muss ich bei einem Wildunfall beachten? Welche Maßnahmen muss ich als Ersthelfer oder an einem Unfallort ergreifen? Insbesondere dann, wenn Sie Fahrradfahrer unter Ihren Mitarbeitern haben oder es Dienstfahrräder gibt, sollten Sie das Thema Dooring im Unternehmen ansprechen und die Mitarbeiter darauf sensibilisieren.
Die Fahrerunterweisung kann im Rahmen einer Präsenzveranstaltung durchgeführt werden oder orts- und zeitungebunden via E-Learning. Der Fahrer kann die Inhalte ganz nach seinem individuellen Lerntempo von zu Hause oder im Büro bearbeiten. Insbesondere bei dezentral organisierten und großen Fuhrparks ist eine Online-Unterweisung nach UVV eine sinnvolle und zeitsparende Maßnahme. Doch auch in der aktuellen Zeit, in der Homeoffice, Abstand-Halten und Flexibilität wichtig und richtig sind, ist eine kontaktlose Form der Fahrerunterweisung die ideale Variante.