Um die Klimaziele zu erreichen, hat die EU der Automobilindustrie vorgeschrieben, wie hoch die maximalen CO2-Emissionen ab 2020 bei Neuwagen sein dürfen. Werden die neuen CO2-Grenzwerte nicht eingehalten, drohen empfindliche Strafzahlungen. Im Beitrag betrachten wir unter anderem, welche Herausforderungen dies für die Hersteller und welche Chancen für Verbraucher und Fuhrparks mit sich bringt beziehungsweise bringen kann.
Zu hoher CO2-Ausstoß: Neue Vorgaben für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge
Automobilhersteller haben seit diesem Jahr die Vorgabe, dass die CO2-Produktion bei allen neu zugelassenen Pkw maximal 95 g pro Kilometer betragen darf. Maximal, denn jeder Hersteller hat einen individuellen CO2-Grenzwert, welcher sich am durchschnittlichen Gewicht der verkauften Fahrzeuge orientiert. Der Grenzwert für kleine, leichte Autos ist niedriger als der von großen, schweren Fahrzeugen.
Bei einem Dieselfahrzeug entspricht das einem durchschnittlichen Verbrauch von 3,6 Litern Diesel auf 100 Kilometern und bei einem Benziner wären es etwa 4,1 Liter Benzin auf 100 Kilometern. Doch muss nicht der einzelne Neuwagen diesen CO2-Grenzwert einhalten, sondern der herstellerindividuelle Flottenverbrauch der Neuwagen muss im Durchschnitt unterhalb von 95 g CO2 pro Kilometer liegen. Für die Hersteller bedeutet das, platt gesprochen, wenn sie Fahrzeuge mit einem höheren CO2-Ausstoß verkaufen, müssen sie dies durch den Verkauf von Fahrzeugen mit einem niedrigeren CO2-Ausstoß ausgleichen.
Die Vereinbarung ist nicht neu, sondern bereits 2013 getroffen worden. Die konkreten Maßnahmen sollen endlich umgesetzt werden und gelten für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge wie Lieferwagen und Kleinbusse. Für leichte Nutzfahrzeuge ist bis 2025 eine Minderung der CO2-Emission von 15 Prozent und bis 2030 eine Minderung von 31 Prozent vorgesehen. Mit der Vorschrift versucht die Europäische Union bis 2030 zu erreichen, die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen um mindestens 37,5 Prozent gegenüber 2021 zu senken. Dies ist auch im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung als Ziel formuliert. Schließlich werden Automobile als Hauptursache für den Klimawandel angesehen, da der Verkehr allein für über 60 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist.
Für die praxisnahe Umsetzung der EU-Vorgabe gibt es einige Anreize: Automobilhersteller bekommen eine Gutschrift für den Verkauf von besonders umweltfreundlichen Fahrzeugen auf ihr CO2-Konto. Diese Regelung gilt jedoch ausschließlich für den Zeitraum 2020 bis einschließlich 2022 und die Gutschrift ist pro Hersteller auf 7,5 g CO2 begrenzt. Des Weiteren können sie Emissionskredite bei der EU für den Einbau verbrauchsmindernder Technologien beantragen und sich mit anderen Herstellern zu sogenannten Emissionsgemeinschaften zusammenschließen. Dadurch gilt der CO2-Grenz- oder auch Zielwert für die Flotte aller Beteiligten. Bieten Automobilhersteller überdurchschnittlich viele Null- und Niedrigemissionsfahrzeuge an, dürfen sie ihr CO2-Flottenziel bis zu 5 Prozent überschreiten. Dadurch könnten E- und Brennstoffzellenfahrzeuge, vielleicht auch Plug-in-Hybride, gefördert werden.
Halten die Hersteller die EU-Vorgaben jedoch nicht ein, drohen ihnen Strafzahlungen bis in Milliardenhöhe: Pro Fahrzeug und Gramm Überschreitung des individuell festgelegten CO2-Grenzwertes fallen jährlich 95 Euro an. Das kann dazu führen, dass Kosten auf die Verbraucher umgelenkt werden.
Grundlegend für die Berechnung der herstellerindividuellen Grenzwerte ist der von den Herstellern angegebene Normalverbrauch. Der ist jedoch nicht unbedingt sehr aussagekräftig, da sich die Werte des offiziell von den Herstellern angegebenen und die des realen Verbrauchs stark unterscheiden.
Unterschiede zwischen realem und offiziellem Kraftstoffverbrauch viel zu hoch
Unfassbar, aber leider wahr: Die Werte des Kraftstoffverbrauchs bei Pkw und folglich auch die Emissionen gehen seit Jahren deutlich auseinander, betrachtet man die offiziellen Angaben der Fahrzeughersteller und vergleicht diese mit den realen Messwerten. Der reale Kraftstoffverbrauch neuer Pkw liegt (Stand 2017) durchschnittlich um 42 Prozent höher als der von den Fahrzeugherstellern angegebene Testverbrauch. So lautet das im November 2017 veröffentlichte Ergebnis einer Analyse der unabhängigen Forschungsorganisation ICCT (International Council on Clean Transportation) und der niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung, TNO (Nederlandse Oganisatie voor toegepast-natuurwetenschappelijk onderzoek). Zur Pressemitteilung.
In Folge dessen sind die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen laut der Hersteller offiziell gesunken, tatsächlich sind sie jedoch stagniert, so die Studienergebnisse. Zwar gilt seit September 2017 ein realitätsnäheres Messverfahren, das WLTP (Worldwide Harmonized Light Duty Vehicles Test Procedure), doch werden dadurch nicht automatisch Abweichungen bei den offiziellen und realen Messwerten ausgeschlossen.
Da die genannten Abweichungen nicht auszuschließen sind, fordern der Verkehrsclub Deutschland (VCD e. V.) und die Umweltverbände BUND, NABU und DUH, dass Realmessungen auf der Straße eingeführt werden. Sprich, Marktüberwachung zwecks realitätsnaher Herstellerangaben: Mittels Verbrauchermessgeräten in den Fahrzeugen sollen die tatsächlichen CO2-Emissionen ermittelt und veröffentlicht werden. Diese Maßnahme soll auch den Verbrauchern mehr Transparenz bieten. Im EU-Parlament konnte die Forderung durchgesetzt werden: Im Jahr 2030 soll ein noch zu entwickelndes Verfahren in Kraft treten, mit dem Emissionen auf der Straße gemessen werden können. Die Realmessungen sollen nicht nur als Entscheidungsgrundlage für Verbraucher, sondern auch als Basis der CO2-Gesetzgebung dienen.
Quelle: ICCT
Hat der CO2-Grenzwert Auswirkungen auf das Fuhrparkmanagement?
Da die Automobilhersteller den jeweils auf sie zugeschnittenen CO2-Grenzwert einhalten müssen, werden höchstwahrscheinlich überdurchschnittlich viele Null- und Niedrigemissionsfahrzeuge angeboten werden. Alleinschon aufgrund der diversen Anreize, wie oben näher erläutert: Wenn Automobilhersteller 2025 mehr als 15 Prozent und 2030 mehr als 35 Prozent emissionsfreie/-arme Fahrzeuge verkaufen, werden dafür ihre CO2-Vorgaben abgemildert. Das wäre auch ein genereller Vorteil für Verbraucher: Es gäbe eine größere Auswahl an sparsamen und klimafreundlichen Fahrzeugen sowie genauere Angaben über die Realemissionen seitens der Hersteller. Es kann daher sein, dass E-Autos und andere emissionsfreie oder -arme Fahrzeuge über den Handel mit hohen Rabatten angeboten werden. Von diesen können Fuhrparkbetreiber profitieren – neben den bereits existenten Steuervorteilen und Subventionsmöglichkeiten für E-Fahrzeuge. In unserem Beitrag können Sie sich einen Überblick über den aktuellen Stand der Elektromobilität in Deutschland verschaffen. Dennoch sollte das Fuhrparkmanagement bei jeder Anschaffung den Einsatzzweck des Fahrzeugs im Blick haben und den Vergleich mit konventionell angetriebenen Fahrzeugen nicht scheuen.