Ein Autounfall auf einem Parkplatz ist schnell passiert. In den meisten Fällen bleibt es bei kleineren Blechschäden. Doch welche Regeln gelten auf Parkplätzen? Gilt hier auch die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)? Was ist im Falle eines Parkplatzunfalls zu beachten? Wir klären, was Autofahrer beachten müssen, welche Verkehrsregeln auf Parkplätzen gelten und wer bei einem Unfall auf einem Parkplatz haftet.
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Die wohl wichtigste Frage, die sich viele Autofahrer stellen, ist die nach der Straßenverkehrs-Ordnung auf Parkplätzen. Viele Parkplätze bei Geschäften oder Unternehmen weisen mit einem Schild auf die Regeln der StVO hin („Hier gilt die StVO!“). Dies ist jedoch nicht immer der Fall: Es ist abhängig davon, ob der Parkplatz ein öffentlicher Verkehrsraum ist oder nicht. Denn die Straßenverkehrs-Ordnung gilt auf allen öffentlichen Straßen und Verkehrsflächen.
Wenn der Parkplatz öffentlich für Verkehrsteilnehmer zugänglich ist, gilt die Straßenverkehrs-Ordnung. Dazu zählen beispielsweise städtische oder kommunale Parkplätze. Auch der Parkplatz eines Einkaufszentrums kann als öffentlicher Verkehrsraum gewertet werden, wenn der Parkplatz stillschweigend genutzt wird oder für jedermann bzw. allgemein für bestimmte Personengruppen zugänglich ist (vgl. Urteil LG Potsdam Az.: 27 Ns 143/03). Auf öffentlichen Parkplätzen gelten somit auch allgemeine Straßenverkehrsregeln wie beispielsweise die Vorfahrtsregel „Rechts vor Links“. Das Aufstellen eines Hinweisschilds auf die Straßenverkehrs-Ordnung ist in diesen Fällen nicht notwendig.
Anders sieht das bei Privatparkplätzen oder Firmengeländen aus, auf denen die Parkplätze beispielsweise durch eine Schranke abgesperrt – also nicht öffentlich zugänglich - sind. Dann gilt nicht unbedingt die Straßenverkehrs-Ordnung. Grundstücks- bzw. Parkplatzbesitzer können selbst entscheiden, welche Regeln auf ihrem Gelände gelten. Das kann beispielsweise auch der in England geltende Linksverkehr sein.
Wenn ein Parkplatzbesitzer das bekannte Hinweisschild „Hier gilt die StVO!“ aufstellt, gilt diese nur mittelbar, nicht unmittelbar. Demzufolge sind zwar die Regeln der Straßenverkehrs-Ordnung gültig, geahndet werden können Autofahrer für Verstöße auf dem Parkplatz jedoch nicht. Ordnungswidrigkeiten können von Polizei oder Behörden nur im öffentlichen Verkehrsraum sanktioniert werden. Das bedeutet jedoch auch, dass sich Autofahrer nicht unbedingt auf das Hinweisschild verlassen können. Kommt es zu einem Unfall auf dem Parkplatz, kann es durchaus vorkommen, dass beide Parteien für den Schaden aufkommen müssen, obwohl sich eine Partei an die Straßenverkehrs-Ordnung gehalten hat.
Auf Vorfahrtsregeln wie „Rechts vor Links“ sollte man sich auf den abgesperrten Parkplätzen also nicht verlassen und besonders wachsam sein. Oberstes Gebot auf einem Parkplatz ist gegenseitige Rücksichtnahme und in Paragraf 1 der Straßenverkehrs-Ordnung geregelt:
„(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. (2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“ (§ 1 StVO)
Hier gilt zunächst auch der Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme und der besonnenen Fahrweise (§ 1 StVO). Geschwindigkeiten oberhalb der Schrittgeschwindigkeit können dabei schon zu schnell sein. Empfohlen wird nicht schneller als 10 km/h zu fahren. Kommt es in Folge einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einem Unfall, steigt die Mithaftung der zu schnell gefahrenen Person erheblich an – auch wenn sie beispielsweise gemäß StVO Vorfahrt gehabt hätte.
Nicht selten kommt es zu einem Unfall auf Parkplätzen, sei es beim Ausparken aus der Parklücke oder einem Zusammenstoß mit einem Einkaufswagen. Dann stellt sich schnell die Frage nach der Haftung. Bei einem Unfall auf einem Parkplatz sollten Sie so handeln wie bei einem Unfall im Straßenverkehr. Je nach Situation sollte die Polizei hinzugezogen werden, um den Unfall aufzunehmen. Können Sich die Parteien vor Ort einigen, muss die Polizei nicht zwingend erscheinen. Dann genügt der Austausch der Kontaktdaten und der Versicherungsinformationen.
Ist die Unfallsachlage unklar, ist die Schuldfrage meist situationsabhängig. Wer sein Fahrzeug bei einer Kollision bereits zum Stillstand gebracht hatte, ist nicht automatisch Unfallopfer. Auch ihm kann eine Teilschuld zugesprochen werden (siehe Urteil vom 15.04.2016, Az.: 20 S 95/14 des Karlsruher Landesgerichts). Gleiches gilt bei einer Kollision zwischen einem Vorwärtsfahrer und einem rückwärts ausparkenden Fahrzeug. Auch in diesen Fällen wird die gegenseitige Rücksichtnahme beurteilt und ob beide Parteien so langsam gefahren sind, dass sie jederzeit hätten anhalten können.
Bei Parkplätzen wissen Fahrer zunächst häufig nicht, wem das beschädigte Auto gehört, wenn man beispielsweise ein stehendes Auto gerammt hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Unfallverursacher unerlaubt vom Unfallort entfernen darf. Bei jeder Art von Unfall gilt es am Unfallort zu warten, bis sich alle betreffenden Personen am Unfallort eingefunden haben, andernfalls gilt Fahrerflucht und es drohen deftige Strafen.
Ist der geschädigte Fahrzeughalter oder Fahrer nach einer angemessenen Zeit (circa 30 Minuten) immer noch nicht am Unfallwagen aufgetaucht, muss spätestens dann die Polizei verständigt werden. Das bloße Hinterlegen eines Zettels mit den Kontaktdaten reicht dabei nicht aus, da dieser durch äußere Umwelteinflüsse wie Regen unkenntlich gemacht werden könnte – auch dann liegt Unfallflucht vor.
Oftmals wird die Schuld bei Unfällen auf Parkplätzen 50:50 geteilt. Droht Fahrzeughaltern und Fahrern ein Rechtstreit in Folge eines Unfalls, sollte auf ein Sachverständigengutachten zurückgegriffen oder glaubwürdige Zeugen hinzugezogen werden. Sofern die Zeugen nicht glaubwürdig sind oder die Rechtsschutzversicherung die Kosten des Gutachtens nicht trägt, sollte möglichst von einem Rechtstreit abgesehen werden, um sich Zeit und Ressourcen zu sparen - um die anteilige Haftung kommt man dann kaum mehr herum.
Auch der Einbezug der Versicherung sollte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn es sich um erhebliche Schadenszahlungen handelt. Häufige kleinere Schäden, die der Versicherung gemeldet werden, treiben die Schadenquote meist in die Höhe und sorgen dadurch für erhöhte laufende Kosten.
Unfall beim rückwärts Ausparken: Hat der Rückwärtsfahrer immer Schuld?
Beim Ausfahren aus einer Parklücke kommt es hin und wieder zu einem Unfall mit einem vorbeifahrenden Auto. In der Regel haftet der Fahrzeugführer, welcher rückwärts aus der Parklücke herausfährt. Bedingung ist jedoch, dass das vorbeifahrende Fahrzeug einen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten hat. Wird der Sicherheitsabstand unterschritten, kann es bei einem Unfall auch zu einer Mithaftung des vorbeifahrenden Fahrzeugs kommen. Ähnliches gilt für einen Unfall, bei dem zwei gleichzeitig rückwärtsfahrende Autos miteinander kollidieren. In dem konkreten Fall hat das Amtsgericht Erfurt entschieden, dass beide Beteiligte jeweils die Hälfte des Schadens übernehmen müssen (AG Erfurt, AZ 4 C 148/148).
Besonders kritisch wird es bei Unfällen mit Firmenfahrzeugen. Grundsätzlich haftet der Fahrzeughalter, der bei Dienstwagen in der Regel der Arbeitgeber ist. Je nachdem wie fahrlässig gehandelt wurde, kann allerdings eine Mitschuld oder die volle Schuld seitens des Dienstwagenfahrers festgestellt werden und das im Zweifel gerichtlich. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer für einen Teil der Kosten rund um den Unfall aufkommen und beispielsweise die Selbstbeteiligung tragen oder die kompletten Kosten entrichten muss. Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn der Dienstwagenfahrer alkoholisiert mit dem Firmenfahrzeug fährt und einen Unfall verursacht – dann hat er grob fahrlässig gehandelt. In bestimmten Fällen kann es jedoch sein, dass eine Haftungsbegrenzung vom Gericht festgelegt wird, und zwar dann, wenn das Missverhältnis zwischen Verdienst und Schadenhöhe zu groß ist. Diese Entscheidung obliegt jedoch dem zuständigen Gericht; einen festen, gesetzlichen Höchstbetrag gibt es nicht.
Auch mit der Versicherung kann Ärger drohen. Begeht der Fahrer Fahrerflucht, kann es durch die Versicherung zu einer Rückforderung in Höhe von bis zu 5.000 Euro kommen. Bei nachgewiesenem Alkohol- und Drogenkonsum liegt die Summe sogar doppelt so hoch. Zusätzlich droht bei Fahrerflucht die Leistungsfreiheit der Kaskoversicherung bei Schäden am eigenen Fahrzeug.