Bis zum Jahr 2050 sollen die Treibhausgase im Vergleich zum Jahr 1990 um 80 bis 95 Prozent reduziert und Deutschland somit nahezu treibhausgasneutral werden – das ist das erklärte Ziel der Bundesregierung. Um das zu erreichen, setzt die Politik vor allem auf Elektromobilität und fördert diese durch Steuererleichterungen und Subventionen. Daneben gibt es aber noch weitere umweltfreundliche Alternativen, die dazu beitragen können, die CO2-Emissionen zu senken. Eine besteht aus synthetischen Kraftstoffen, auch als E-Fuels bekannt. Wir werfen einen Blick auf den derzeitigen Entwicklungsstand und führen Vor- und Nachteile auf.
Definition: Was sind synthetische Kraftstoffe (E-Fuels)?
Bei synthetischen Kraftstoffen handelt es sich um künstlich hergestellte Kraftstoffe. Hergestellt werden sie nicht wie herkömmliche Kraftstoffe aus Erdöl, sondern meist aus Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasser. Das für die Herstellung benötigte CO2 kann beispielsweise aus den Produktionsprozessen von Kohle- oder Zementkraftwerken oder anderen Vorgängen in der Industrie gewonnen werden. Kohlenstoffdioxid wird bei synthetischen Kraftstoffen folglich vom Abfallprodukt zum Rohstoff. Es wird bei der Herstellung gebunden und mithilfe von erneuerbarem Strom, wie Wind- oder Solarstrom, können daraus flüssige Brennstoffe, wie synthetischer Diesel sowie synthetisches E-Gas oder Benzin, gewonnen werden. Der Einsatz des regenerativen Stroms verleiht synthetischen Kraftstoffen auch den Namen „E-Fuels“ (Abkürzung für electrofuels). E-Fuels sind beinahe rußfrei und können Benzin oder Diesel beigemischt werden. Dadurch wird die Motorleistung verbessert und sorgt dafür, dass kaum Feinstaub oder Stickstoffoxid entsteht.
Derzeit befindet sich die Produktion von synthetischen Kraftstoffen noch in der Forschungsphase. In dem Rahmen werden nur geringe Mengen produziert, da unter anderem der Herstellungsprozess noch sehr aufwendig ist. Damit synthetische Kraftstoffe im Alltag eine Alternative zu herkömmlichen Kraftstoffen und dem Elektroantrieb werden, müssen unter Umständen technische Anpassungen an den bestehenden Motoren vorgenommen werden. Je nach eingesetztem Rohstoff kann es sein, dass beispielsweise die Einspritzpumpe, die Motorsteuerung oder Dichtungen angepasst werden müssen. Derzeit können nur geringe Mengen synthetischen Kraftstoffs herkömmlichem Kraftstoff beigemischt werden, ohne dass eine Anpassung des Motors erforderlich ist.
Welche synthetischen Kraftstoffe gibt es?
Neben Wasser und CO2 können synthetische Kraftstoffe auch aus verschiedenen Rohstoffen wie Biomasse oder fossilen Quellen erzeugt werden. Je nach Herstellungsprozess, dem Einsatz der Rohstoffe und dem Energiegehalt unterscheidet man verschiedene Arten von synthetischen Kraftstoffen:
- PtL-Kraftstoffe („Power-to-liquid“): Dabei handelt es sich um die synthetischen Kraftstoff, der mit Hilfe von erneuerbarem Strom gewonnen wird. Der Wasserstoff wird mithilfe von Strom durch Elektrolyse von Wasser gewonnen.
- XtL-Kraftstoffe („X-to-liquid“): Dabei werden gasförmige oder feste Rohstoffe in flüssige kohlenstoffhaltige Kraftstoffe umgewandelt. Gängige Rohstoffquellen sind Gas, Kohle und Biomasse.
- GtL-Kraftstoffe („Gas-to-liquid“): GtL-Kraftstoff wird aus Erdgas gewonnen und in flüssigen Kraftstoff umgewandelt. Dabei handelt es sich meist um das Nebenprodukt bei der Erdölförderung.
- CtL-Kraftstoffe („Coal-to-liquid“): Hier ist Kohle Ausgangsstoff für die Herstellung des synthetischen Kraftstoffs. Das Verfahren ist preiswerter als andere Herstellungsverfahren, aufgrund des hohen CO-Ausstoßes aber auch um ein Vielfaches umweltbelastender.
- BtL-Kraftstoffe („Biomass-to-liquid“): Der Kraftstoff wird hier aus Biomasse gewonnen. Als Biomasse können hier beispielsweise Holzabfälle oder Stroh eingesetzt werden.
Abb.: Übersicht Power-to-Liquid-Kraftstoff und X-to-Liquid-Kraftstoffe (eigene Darstellung, LapID Service GmbH)
Wer stellt synthetische Kraftstoffe her?
Auch wenn die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen noch sehr aufwendig und teuer ist, beschäftigten sich bereits einige Unternehmen mit der Produktion. In Deutschland testen und produzieren Autohersteller wie Porsche oder Audi den künstlich hergestellten Kraftstoff. Letztgenannter hat die derzeit größte Anlage zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe. Diese befindet sich in Norddeutschland, wo das Unternehmen gemeinsam mit Partnern an dem klimaneutralen Kraftstoff arbeitet.
Auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) beschäftigt sich mit E-Fuels. In einer Anfang 2021 veröffentlichten Pressemitteilung kündigte Verkehrsminister Andreas Scheuer an, dass eine Pilotanlage „mit industriellem Maßstab“ errichtet werden soll. Dafür beauftragt werden soll das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Das Projekt ist Bestandteil des BMVI-Förderkonzepts für erneuerbare Kraftstoffe. Mit der Pilotanlage sollen rund 10.000 Tonnen synthetischer Kraftstoffe pro Jahr hergestellt werden. Zudem soll die Anlage als „übergreifende Entwicklungsplattform“ für Industrie und Forschung dienen, wo Verfahrenstechniken weiterentwickelt werden können.
Wo kann man synthetische Kraftstoffe tanken?
Da sich die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen noch in der Entwicklungsphase befindet, stehen derzeit keine Möglichkeiten zur Verfügung, reinen synthetischen Kraftstoff zu tanken. Autohersteller Audi speist sein synthetisch hergestelltes Erdgas allerdings seinem Erdgasnetz bei, sodass VW- und Audi-Kunden den Kraftstoff bereits tanken können. In Zukunft soll es möglich sein, dass synthetische Kraftstoffe an bestehenden Tankstellen getankt werden kann. Der Kraftstoff kann dann wie bereits Diesel oder Benzin über einen Zapfhahn getankt werden. Aktuelle Studien rechnen mit Kraftstoffkosten von 1,00 bis 1,40 Euro pro Liter (zuzüglich Steuer).
Vor- und Nachteile von synthetischen Kraftstoffen
Ein großer Vorteil von synthetischen Kraftstoffen ist, dass sie nahezu CO2 neutral sind. Es wird nur so viel CO2 ausgestoßen, wie bei ihrer Produktion benötigt wurde. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass regenerativer Strom in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Das ist heutzutage jedoch noch nicht der Fall. Dafür können synthetische Kraftstoffe aus verschiedenen Rohstoffquellen gewonnen werden. Aufgrund der derzeit fehlenden Industrie sind die Produktionskosten noch hoch. Das würde sich auf die Spritpreise auswirken. Beim derzeitigen Entwicklungsstand lägen die Kosten für einen Liter synthetischen Kraftstoff bei drei Euro und mehr. Eine Preissenkung könnte beispielsweise durch Importe aus Ländern mit höheren Produktionsmengen erzielt werden.
Vorteilhaft bei E-Fuels ist hingegen, dass – anders als bei Elektrofahrzeugen - nur wenig an der bisherigen Technik umgebaut werden muss. Von ihren Eigenschaften her unterscheiden sich E-Fuels kaum von herkömmlichen Kraftstoffen. Zudem kann das bestehenden Tankstellennetz genutzt werden. Ein weiterer großer Vorteil gegenüber der Elektromobilität ist, dass sich synthetische Kraftstoffe auch für den Schiffs-, Flug- oder Fernfahrerverkehr eignen. In diesen Bereichen ist der Einsatz von elektrischen Antrieben derzeit noch nicht möglich und auch in Zukunft eher unwahrscheinlich.
E-Fuels lassen sich darüber hinaus ähnlich lange wie Benzin oder Diesel lagern und damit länger als beispielsweise Strom. Überschüssiger Strom, der über Solar- oder Windanlagen generiert wird, könnte sogar für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe genutzt werden. Problematisch sind allerdings die hohen energetischen Umwandlungsverluste von E-Fuels. Die sind beispielsweise fünfmal höher als bei Elektrofahrzeugen.
Ausblick
Das Potenzial synthetischer Kraftstoffe ist groß. Sie sind „sauberer“ als fossile Brennstoffe und können über bereits bestehende Systeme und Techniken genutzt werden. Im Hinblick auf die gesetzten Klimaziele können sie so eine sinnvolle und realistische Ergänzung zur Elektromobilität sein. Derzeit aufwendige und teure Produktionsprozesse sorgen jedoch dafür, dass die Technik wirtschaftlich noch nicht rentabel ist. Es könnte somit noch einige Jahre dauern, bis E-Fuels wirklich im Alltag zum Einsatz kommen. Allerdings beteiligen sich bereits viele Vertreter aus Wirtschaft und Politik an der Weiterentwicklung von synthetischen Kraftstoffen. Wahrscheinlich ist, dass sich diese Kraftstoffart zunächst bei Schiffen, Flugzeugen und Co. durchsetzt – also überall dort, wo der elektrische Antrieb an seine Grenzen stößt.